Auf dem Trail haben wir die Namen "Good Grip" und "2Tall", im bürgerlichen Leben sind wir Antje und Mark. Mit Anfang 40 taten wir, was einige Menschen aus unserem Umfeld als "mutig" bezeichneten: Auto verkaufen, Wohnung kündigen, Hausrat und Besitz in einen Lagerraum verfrachten, und dann ein ganzes Jahr lang mit Rucksack und Zelt durch die Welt wandern.
Wir fühlten uns jedoch gar nicht so mutig, denn für uns schienen die Trails wie ein unausweichlicher Neuanfang, nach allen Höhen und Tiefen, die wir in den Jahren zuvor erlebt hatten: Beruflicher Aufstieg, viel Verantwortung, große Wohnung, weite Reisen, Kinderwunschbehandlungen, Fehlgeburt, Stress, Burnout, Klinikaufenthalt, Sinnkrise.
Wir mussten einfach mal raus, und so starteten wir für unser erstes Sabbatjahr 2013 den ursprünglichen Blog "Ein Jahr wandern", um unsere Erlebnisse mit Familie und Freunden zu teilen.
Unterwegs merkten wir, dass es uns gut tat, draußen in der Natur zu sein und andere Menschen zu treffen, die genauso auf dem Weg waren wie wir. Egal ob auf dem Appalachian Trail, dem Bibbulmun Track, dem Tongariro Circuit, dem Overland Track oder anderen Wanderungen: In unserem Rucksack trugen wir nur die nötigsten Dinge und ließen jeglichen Ballast wie Konsum und Statussymbole zurück. Das einfache Leben und die klaren Ziele der Wanderungen fühlten sich sehr sinnvoll für uns an, denn es zählte nur das wirklich Wesentliche: Wasser, Nahrung, Schlaf und gute Freunde.
Nach dem ersten Sabbatjahr gerieten wir viel zu schnell zurück in den üblichen Alltagswahnsinn, und so planten wir schon bald die nächste Auszeit. Wir wollten wieder wandern, und besonders wichtig war es uns, den Appalachian Trail endlich komplett zu schaffen. Diesen Traum erfüllten wir uns 2017 in unserem zweiten Sabbatjahr. Außerdem hatten wir das Fahrrad als gute Alternative entdeckt, um direkt von unserem Wohnort aus lange Strecken zu erkunden.
Inzwischen haben wir den Verdacht, dass wir für das "normale" Leben irgendwie verdorben sind. Wir brauchen nicht viel Geld und können mit einem einfachen Lebensstil genug sparen, um von Zeit zu Zeit länger unterwegs zu sein. Auch wenn zum Wandern immer wieder Nässe, Kälte, Dreck, Schweiß und Schmerzen gehören, wir können uns kaum etwas Schöneres vorstellen als draußen im Wald zu sein. Und wir haben festgestellt, dass dann doch von fast jeder Wanderung ein paar neue Erkenntnisse auf unseren Alltag abfärben!
Wir machen nun unser drittes Sabbatjahr, es gibt schließlich noch so viele spannende Trails auf dieser Welt zu entdecken. Wir versuchen uns dabei nicht zu sehr von den Krankheiten und Verletzungen beeinflussen zu lassen, die in den letzten Jahren zunehmend bei uns auftreten. Wir haben immer noch Träume, was wir alles in Zukunft noch wandern wollen!
Eins steht auf jeden Fall fest: Wir sind Wiederholungstäter, und darum heißt unsere Website "Jahre wandern".
(2Tall, 2.12.2020)