Das Aspen Inn ist ein gemütliches Plätzchen für einen Ruhetag und es ist schön, mit Bear Can und Wildlife etwas mehr Zeit zu verbringen.
Eine Mitarbeiterin des Motels nimmt uns am Ruhetag mit in den nächsten Ort, damit wir dort unsere Wäsche machen und auch noch etwas einkaufen können. Ihr Auto ist neben dem ganzen Müll voll von Munition, und auch einer Waffe. Wir sind ziemlich irritiert. Sie erklärt uns, was sie mit ihrem Freund alles jagt. Für uns ist das sehr ungewohnt und alles andere als selbstverständlich.
Am nächsten Morgen bietet uns die Motelbesitzerin an, dass sie uns zurück nach Mazama Village bringt. Das ist toll, auch wenn in ihrem Auto keine Rücksitze sind, und Bear Can, Wildlife und ich auf der Hundeplatte hinten sitzen. Ist ja nicht so weit... Nach ungefähr 10 Minuten erhält unsere Fahrerin einen Anruf von ihrer Freundin, dass es in einigen Hotelzimmern kein warmes Wasser gibt. Es tut ihr sehr leid, dass sei ein Notfall, aber sie müsste zurück. Mitten im Nirgendwo, an einer Nothaltebucht, stehen wir nun da, vier leicht irritierte Wanderer aus Deutschland. Bis nach Mazama Village sind es noch über 7 Meilen. Es ist wirklich doof, an der Straße zu laufen, aber für vier Leute mit großen Rucksäcken eine Mitfahrgelegeneheit zu bekommen, ist ziemlich unwahrscheinlich, zumal hier kaum Autos fahren um diese Zeit. Die Feuerwehr kommt kurz vorbei, hält, teilt uns mit, dass sie uns nicht mitnehmen kann, schenkt uns aber ein paar Donuts, weil sie Trailmagic machen möchten. Nett!
2Tall und ich stiefeln trotzdem los, denn nach einigen Meilen gäbe es einen Sidetrail, der zum PCT führt. Die anderen beiden bekommen hoffentlich eine Mitfahrgelegenheit, denn sie wollen auf dem Campground noch einen weiteren Ruhetag machen. Nach einer Meile auf der Straße hält ein Lieferwagen der US Post. Drinnen grinsen uns Bear Can und Wildlife an. Jaaaa, sie haben es geschafft, und wir werden zusammen bis nach Mazama Village gefahren. Genial. Auch wenn der Morgen so holperig gestartet ist, scheint es sich nun alles zu fügen.
Wir verabschieden uns ein zweites Mal von unseren Wanderfreunden und ziehen los. Leider nochmal ein Stück auf der Straße. Um 9:30 Uhr sind wir dann endlich wieder am PCT und starten unseren langen Weg, denn wir haben fast 19 Meilen vor uns. Wir müssen diese lange Strecke machen, denn dann kommt für uns erst das nächste Wasser. Der Honeymoon Creek führt hoffentlich noch ausreichend davon.
Ein großes Stück müssen wir leider mal wieder durch ein sehr trockenes, verbranntes Areal, was auf uns apokalyptisch wirkt. Es sieht heftig aus. So etwas kennen wir aus Deutschland nicht. Aber hier gibt es natürlich auch viel mehr Gegend, sehr viel Trockenheit und von Blitzeinschlägen verursachte Feuer.
Unterwegs treffen wir nach langer Zeit mal wieder zwei Hiker, die ebenfalls southbound unterwegs sind. Sofa Queen und Grizzly Gramp sind ein ungleiches Paar, die seit Washington zusammen wandern. Er ist 65, sieht etwas fertig aus, sie ist nicht mal halb so alt, mit allem top ausgerüstet und sieht selbst im Wald extrem gestylt aus.
Das Wandern ist für uns heute sehr anstrengend mit dem großen Futterbeutel, dem Wasser und dem Druck, bis zur nächsten Wasserquelle kommen zu müssen. Dann stürzt 2Tall und stützt sich auf einem Stein ab, der eine ziemlich tiefe Wunde am Daumen hinterlässt. Heute scheint der Trail einiges für uns auf Lager zu haben.
Um 18:40 Uhr sehen wir endlich den Bach mit ausreichend Wasser, zum Glück, und wir finden auch direkt dahinter einen Zeltplatz. Es ist alles etwas eng, aber das ist egal. Wir sind müde und kaputt. Schnell noch den Kocher anschmeißen, dann fallen wir auf unsere Isomatten und sind komplett erledigt.
Gegen 12 Uhr nachts höre ich einen Hiker an unserem Zelt vorbei gehen, er sucht wohl auch noch ein Plätzchen. Nach einiger Zeit kommt er zurück und am Morgen sehen wir einen Schlafsack und diverse Sachen neben dem Wasser liegen. Er macht hier Cowboycamping, schläft einfach ohne Zelt unter freiem Himmel. Und das bei diesen Temperaturen, denn mein Thermometer zeigt 0° Celsius am Morgen und wir haben im Zelt schon gefroren. Auch wenn der Sternenhimmel jede Nacht gigantisch ist, frage ich mich, wie er oder sie das aushalten kann?
Wir starten morgens sehr zügig, denn das ist die einzige Möglichkeit, irgendwie warm zu werden. Sofa Queen und Grizzly Gramp treffen wir auch nochmal etwas weiter. Sie packen gerade alles ein und wollen ebenfalls los. Wir tauschen noch ein paar Infos aus, und Sofa Queen gibt uns ihre Nummer, damit wir uns gegenseitig weiter über den Trail informieren können. Sie hatte die Info, dass Kalifornien wieder für PCT Wanderer geöffnet ist und wir wohl weiter gen Süden wandern könnten. Das wären ja unfassbare Nachrichten, wir könnten einfach weiter laufen und müssten nicht den Trail wechseln? Das wäre was.
An Devils Peak haben wir einiges bergauf zu klettern, aber die Sicht ist fantastisch und wir können sogar die Bergkette vom Crater Lake in der Ferne ausmachen. Das sind die Momente, wo sich Schweiß, Dreck und Anstrengung lohnen. Diese Blicke in die Natur sind unbeschreiblich und schön.
Zum Mittag holen wir erstmal unsere Schlafsäcke raus und lassen sie in der Sonne trocknen. Die Übernachtung am Wasser letzte Nacht hat doch ordentlich Kondensation im Zelt verursacht und die Schlafsäcke sind etwas klamm. Leider können wir unsere Tortillas-Pause gar nicht so recht genießen, denn die Wespen finden uns schnell und stürzen sich auf alles Essbare.
Und dann liegt da plötzlich mitten auf dem Weg eine braune, glänzende Schlange, die 2Tall erst gar nicht als solche erkennt, denn sie bewegt sich kaum und sieht aus wie ein Stock. Die Temperaturen sind wohl noch nicht hoch genug, denn sie braucht ewig, um sich ins Gebüsch zu schlängeln.
Nach 17 Meilen kommen wir an der Quelle an, wo wir auch zelten wollen. Sofa Queen und Grizzly Gramp sind auch dort und wir sind überrascht, sie hier zu treffen. Eigentlich wollten sie deutlich weiter gehen, aber auch sie fanden den Tag heute sehr anstrengend und waren einfach ko. 2Tall findet etwas unterhalb des Weges eine tolle Campsite und wir können dort unser Zelt aufstellen. Sofa Queen kommt uns noch besuchen und berichtet von den schlechten Wetteraussichten, die sie über ihren Satelitenempfänger abrufen kann. Regen, Schnee, Temperatursturz... Uff, wollen wir in diesem Wetter wandern und zelten? Sofa Queen und Grizzly Gramp überlegen, an der nächsten Straße in den Ort zu hitchen. Wir sind uns unschlüssig, denn tatsächlich kommt in 21 Meilen ein kleines Shelter, wo wir uns eventuell vor dem Wetter schützen könnten. Dort wäre auch die nächste Wasserquelle für uns. Das wäre dann wieder ein sehr langer Tag. Aber das hatten wir befürchtet, als wie diesen Abschnitt geplant haben.
Sehr spät kommt dann noch der oder die Cowboycamperin an die Quelle. Er/sie scheint einen etwas anderen Rhythmus zu haben.
Wir stehen um 6:15 Uhr auf und schaffen es, um 7:30 Uhr auf dem Trail zu sein. Der Weg geht leicht bergab und wir kommen gut voran. Nach 7 Meilen holen wir uns am Freye Lake nochmal Wasser, dann rasen wir weiter, um die 21 Meilen im Hellen zu schaffen. Leider wird es nämlich inzwischen hier sehr früh dunkel, um 19:30 Uhr ist es schon sehr dämmerig.
An der nächsten größeren Straße, die wir kreuzen müssen, haben wir Empfang und 2Tall checkt nochmal das Wetter. Die Aussichten haben sich leider nicht verändert. Für morgen sind 20-50mm Regen angesagt und die Temperaturen fallen. Es gäbe vielleicht noch eine Möglichkeit, im Fish Lake Resort unterzukommen, aber ob es dort auch bezahlbare Cabins gibt? 2Tall ruft an und fragt. Ja, es gibt sehr einfache Hütten mit Wasser und Strom, aber ohne Bad. Für schlappe 77 Dollar pro Tag mieten wir uns für zwei Nächte ein festes Dach über dem Kopf und sind erleichtert, dass wir hier das Unwetter hoffentlich aussitzen können. Die zwei Meilen auf dem Seitentrail zum Resort sind schnell erledigt.
Wir gönnen uns etwas zu essen auf der Terrasse, denn heute ist das Wetter ja noch so gut. Etwas anstrengend sind die Wespen und die Streifenhörnchen hier. Beide ziemlich aggressiv und wenig scheu. Als mir ein Hörnchen an meine Hosentasche springt, werde ich echt sauer über die doofen Leute, die die Viecher hier offensichtlich angefüttert haben.
Unsere "Rustic Cabin" ist wirklich sehr rustikal, aber es gibt eine kleine Porch und einen Picknicktable. Drinnen haben wir eine Mikrowelle, eine Herdplatte, einen Toaster, einen Kühlschrank und eine Kaffeemaschine. Das Bett hat eine Matratze mit Laken, aber Decken oder Handtücher gibt es nicht. Wie gut, dass wir unsere Schlafsäcke dabei haben und hier hoffentlich zwei Nächte ausharren können.
Am Abend kochen wir uns Spaghetti mit Chilisoße, die Herdplatte dient als Miniheizung für die ganze Cabin. Ach ja, life is good... Wenn nur nicht die Sorgen wären, was wir weiter werden wandern können, denn es gibt leider immer noch viele Sperrungen in Kalifornien. Wie schade wäre es, wenn wir diesen tollen Wanderweg vorzeitig verlassen müssten!
(Good Grip, 18.9.2021)