2Tall hatte im Vorfeld eine Menge recherchiert und so war folgende Tour für heute geplant: Mit dem Bus, der nur einmal pro Tag fährt, von Puntagorda nach El Tablado. Von dort zu Fuß nach Santo Domingo, dort am späten Nachmittag wieder mit dem Bus nach Puntagorda. Einfache Sache, oder vielleicht doch nicht...?
Denn als wir am Morgen pünktlich an der Bushaltestelle ankommen, steht da nix von El Tablado, und die passende Busnummer ist auch nirgends zu finden. Wir fragen einige Menschen, aber viele wissen das auch nicht so genau und schicken uns mal dahin oder dorthin. Schlussendlich tapern wir genervt nach Hause, denn wir finden weder Bus noch Haltestelle.
2Tall überlegt sich eine neue Strategie. Er hat ein Taxi von Santo Domingo nach El Tablado für den Nachmittag organisiert, weil der einzige Taxifahrer der Gegend morgens nicht kann, so dass wir nun mit dem Auto nach El Tablado fahren können, und uns dann später das Taxi zurück zum Auto bringt. Klingt auch nicht so kompliziert, ist zwar teuer, aber hört sich machbar an, oder? (Wir hätten es auch umgekehrt machen können, aber dann hätte die Gefahr bestanden, dass wir in El Tablado am Ende der Welt festsitzen, falls das mit dem Taxi doch nicht klappt... und wie wir sehen werden, war diese Vorsicht angebracht!)
Wir brechen mit dem Auto dann etwas später als eigentlich gedacht auf, und bekommen bei der ewigen Abfahrt nach El Tablado herunter schon einen Eindruck, wie schroff und tief die Küstenlandschaft und die Barrancos von La Palma sein können. Höhenunterschiede von 600 bis 1000 Metern sind hier völlig normal und werden eben in unzähligen Serpentinen zurück gelegt. Nach El Tablado gibt es nur diese Sackgasse und es ist in diesem sehr engen Örtchen gar nicht so einfach, einen Parkplatz zu finden. Bis zum Beginn unseres Wanderweges steigen wir weiter durch das kleine Dörfchen ab und kommen sogar an der Jugendherberge vorbei, die aber geschlossen ist. Und wir dachten, nur die Deutschen hätten ein Gespür für die besondere Lage von ihren Jugendher-"Bergen"... die Palmeros können das auch ganz gut.
Wir beginnen unseren Weg an einem spektakulären Barranco, rutschen auf lockerem Geröll an Drachenbäumen in die Tiefe und kommen an diversen Höhlen vorbei, die auch teilweise kleine Feuerstellen haben. Der Anblick der rauhen Küste, das Blau von Meer und Himmel, die weiße Gischt, wir können uns kaum satt sehen und verharren immer wieder, um in die Weite und Tiefe zu blicken.
Am Grund des Barrancos machen wir eine Essenspause und wollen etwas Kraft für den Aufstieg schöpfen, denn der Weg auf der gegenüberliegenden Hangseite war eindeutig zu erkennen und er war steil.
Nach viel Zeit und Schweiß und diversen Serpentinen kommen wir am Mirador an und können den Weg nochmal Revue passieren lassen, was für ein Beginn dieser Tour. Einmalig.
Es geht etwas geruhsamer weiter und immer mal wieder kommen wir an verlassenen Gehöften vorbei. Dieser Teil der Insel ist nur wenig besiedelt und die Landflucht ist auch hier klar zu erkennen. Kurz nach dem Örtchen San Pedro kommen uns zwei Wanderer entgegen, die relativ eindeutig deutsch aussehen. Wir kommen ins Gespräch und sie berichten, dass sie seit gut 4 Monaten hier auf La Palma sind, sie verlängern immer wieder ihre Zeit, weil es in Deutschland nur Corona und auf der Insel eben Sonne und tolle Natur gibt. Verstehen können wir es.
Wir durchqueren weitere Barrancos, die aber viel mehr bewachsen und nicht ganz so felsig sind. Zwischendurch treffen wir auf Ziegen, die mal völlig panisch vor uns davon laufen oder auch mal neugierig unsere Schritte verfolgen. Ansonsten treffen wir natürlich auch wieder kläffende, struppige Hunde und diverse Hühner, die es sich teilweise unter den riesigen Kakteen gemütlich machen.
Um kurz nach 16 Uhr ruft uns unser Taxifahrer nochmal an, wann wir denn ungefähr in Santo Domingo ankämen. Toll, denken wir, das wird ja klappen, wenn er sich jetzt nochmal nach der Uhrzeit erkundigt.
Ein bißchen Strecke liegt noch bis Santo Domingo vor uns, aber 2Tall hatte schon vor einiger Zeit berichtet: "... it's all downhill from here!" Nur leider hatte er auf der Karte den letzten Barranco direkt vor dem Örtchen übersehen, so dass wir mit letzter Kraft und Puste nochmal runter und wieder rauf müssen.
Der Wind ist wieder sehr aufgefrischt und er fegt uns quasi durch den Ort.
Das nächste Telefonat mit dem Taxifahrer ist allerdings ernüchternd, denn er hätte jetzt doch plötzlich erst noch eine andere Tour und wir müssten 50 bis 60 Minuten warten. Hmm, können wir dem trauen oder wann wird er wirklich kommen? Wir überlegen, grübeln und entscheiden uns dann, uns unabhängig zu machen. Wir steigen um 18 Uhr in den Bus in Richtung Barlovento und lassen uns an der Abzweigung der Straße, die nach El Tablado führt, absetzen, um dann noch die 5 km und 600 Höhenmeter zurück zum Auto zu laufen. Inzwischen ist es kurz vor 19 Uhr und die Strecke zieht sich mächtig. Um 19:17 Uhr ist Sonnenuntergang und es wird ganz schnell ganz schön finster. Straßenlaternen gibt es hier natürlich nicht.
Wir versuchen unsere Müdigkeit und die lange, steile Strecke mit Sprüchen, Geschichten und dem Zählen der Serpentinen zu überbrücken. Zwei Autos fahren an uns vorbei, wir halten aber nicht den Daumen raus und die Autofahrer machen auch keine Anstalten, uns mitzunehmen. Um 19:50 Uhr kommen wir endlich an unserem Auto an, es steht noch an der Stelle, wo wir es abgestellt hatten. Geschafft! Ziemlich ko, aber auch erleichtert, endlich am Auto zu sein.
Das Abenteuer ist für heute aber noch nicht zu Ende, denn die sehr kurvigen Straßen von La Palma im Dunkeln sind auch eine besondere Erfahrung. Wir sind aber nicht die einzigen, die noch unterwegs sind, so dass wir manchmal etwas Sichthilfe durch andere Autoscheinwerfer bekommen. Um 20:45 Uhr sind wir zurück an unserer Unterkunft. Mensch, was für ein Trip, insgesamt über 22 km mit unzähligen Höhenmetern auf und ab, neben der tollen Natur wars ein etwas abenteuerliches Ende.
Grandios wars trotzdem!
(Good Grip, 17.3.2021)