Nach einem unglaublich heftigen Regen wird es am Montag mit dem Wetter deutlich besser und wir entscheiden uns, wieder von Nelson in die Richmond loszuwandern. Unsere holländische Gastgeberin ist so toll und bringt uns sogar bis zum Hacket Track, denn von dort gehts am besten wieder auf den TA. Sie verbindet es mit einem Fruitpicking in Richmond, aber trotzdem ist das so klasse, dass sie uns extra den weiten Weg rausfährt, danke! 2tall hat seit einigen Tagen Nackenschmerzen, aber er will es mit dem schweren Rucksack trotzdem probieren. Wir haben für sieben Tage Essen dabei und das ist wirklich unangenehm und unbequem auf Schultern und Hüften. Auf dem Weg zum Hacket Track sehen wir einige Flüsse, die aufgrund der starken Regenfälle extrem angeschwollen sind, und wir hoffen, dass wir den Fluss hinter der ersten Hütte trotzdem passieren können. Der Weg bis dahin ist an einigen Stellen so ausgewaschen, dass wir Angst haben, dass er ganz wegbricht. Nach ungefähr einer Stunde erreichen wir die Hütte und machen eine kurze Pause, bis Harry und Mary, ein deutsch-niederländisches Pärchen, zu uns stoßen. Sie waren ebenfalls in Nelson wegen des Unwetters und wir wollen zusammen versuchen, weiterzugehen. Aber der Fluss ist zu hoch und die Strömung zu stark. Vielleicht wäre es irgendwie gegangen, aber ich hätte mir vor Angst in die Hose... naja. Wir gehen also wieder zurück zur Hütte und genießen die Sonne, richten uns ein und begrüßen alle, die da noch so kommen. Und das sind tatsächlich diverse Wanderer. Wir treffen Dan aus Hawaii wieder, das holländische und australische Pärchen von den letzten Tagen, einen Canadier und einen Franzosen, der aber am Nachmittag tatsächlich noch weiter läuft. Später kommt noch ein französisches Paar, was kein Zelt dabei hat und sich etwas wundert, dass die Hütte schon voll ist. Wir räumen sogar noch Sachen zur Seite, sodass sie in der Hütte Platz auf dem Boden haben, aber sie verbringen die Nacht dann im Holzschuppen nebenan.
Am nächsten Morgen ist 2tall leider total zerknirscht und übermüdet, denn er hat die Nacht wegen starker Nackenschmerzen nicht geschlafen. Nach einigen Überlegungen entschließen wir uns, wieder zurück zu gehen und dann nach Nelson zu trampen, um dort einen Arzt aufzusuchen. Wir haben Glück, dass uns ein Waldarbeiter bis Hope zum State Highway mitnimmt. Er berichtet, dass eine Hängebrücke im Wald einfach weggespült wurde, grundsätzlich wären das aber nicht unbedingt die schlimmsten Regenfälle gewesen. Ach so...
Ab Hope sind wir sehr zuversichtlich, dass wir jemanden mit meinem Daumen überzeugen können, aber es hält kein einziges Auto an. Das ist unter diesen Umständen echt doof, denn 2tall hat weiterhin starke Schmerzen und dazu der Asphalt und der Autolärm. Als wir endlich in Richmond an der Bushaltestelle ankommen, sind wir ziemlich ko und fragen bei den super netten Holländern nach, ob sie noch das Zimmer frei haben. Leider nur für eine Nacht, aber das hilft uns ja schon mal. Wir fahren mit dem Bus bis zum Krankenhaus, wo es eine Möglichkeit gibt, einen Arzt zu konsultieren. Eine Nervenwurzelreizung in der HWS mit Ausstrahlung in den Arm und die Finger, das ist die Diagnose, die uns zwingt, neue Pläne zu machen. Der schwere Rucksack darf jetzt erstmal nicht auf die Schultern. Unsere Hosts geben uns noch eine Adresse von einem guten Chiropraktiker, wo 2tall auch am nächsten Tag einen Termin bekommt. Leider müssen wir am nächsten Tag dann noch umziehen, aber wir finden etwas sehr Schönes über Airbnb, wo wir die nächsten 2 Tage bleiben können.
Der Besuch beim Chiropraktiker am nächsten Tag ist ganz positiv und wir planen für die nächsten drei Wochen erstmal mit einem Mietauto unterwegs zu sein und kleinere Tagestouren zu Fuß machen zu können. Villeicht auch mal am Strand ein bißchen rumaalen... Eben Dinge tun, die man als Wanderer sonst vielleicht nicht so macht. Wir haben unsere Kindle App mit diversen Büchern und hoffen, dass wir die Zeit trotzdem genießen können.
Zuerst hat 2tall einen Campground in der Nähe des Cape Campbell an der Nordostküste ausgesucht. Das Fahren auf der linken Seite ist kein Problem, nur die üblichen Verwechslungen bei Blinker und Scheibenwischer passieren noch ab und zu. Bevor wir an die Küste fahren, machen wir noch einen Stop an der Pelorus Bridge und laufen einen kleinen Loop durch den Wald. Ach ja, die Pelorus Bridge, da kommen Erinnerungen hoch, an schöne Wanderzeiten vor den Nackenschmerzen.
Die DOC Campsite am Meer ist zum Wochenende gut besucht, aber wir bekommen ein nettes Plätzchen, wo Zelt und Auto gut stehen können. Das Meer im Blick, der Wind um die Nase und strahlender Sonnenschein. Das beginnt doch alles ganz gut und trotzdem muss ich mich auf diese "neue" Reise erstmal einstellen. Wir haben beide nicht viel Lust, stundenlang im Auto zu sitzen, aber vielleicht sehen wir jetzt noch Landstriche von Neuseeland, die wir vor 4 Jahren nicht gesehen haben, und die uns auch als Wanderer verwehrt geblieben wären. In der Nacht dürfen wir erstmal wieder einen Sternenhimmel bewundern, der uns den Atem nimmt. Das ist wirklich beeindruckend, denn ich muss 2x zur Toilette und genieße quasi doppelt...
Am nächsten Tag wollen wir zum Leuchtturm gehen, 7km eine Strecke am Strand entlang. Es ist ganz schön windig, aber auf dem Hinweg haben wir noch Rückenwind. Am Leuchtturm sehen wir tote und lebendige Seehunde, die sich auf den Felsen sonnen, außerdem gibt es wundervolle, riesige Muscheln. Ein besonderer Ort.
Die zweite Nacht am Cape ist deutlich weniger windig. Es ist dadurch etwas ruhiger, aber die Kondensation zaubert uns einen kleinen See ins Zelt. Neuseeland und die Kondensation im Einwandzelt gehören zusammen. Wir fahren gemütlich nach Blenheim zurück, wo wir uns mit Scones eindecken und auch tanken. Das olle Auto hat leider einen miesen Verbrauch, wie wir feststellen. Naja, immerhin fährt es, wenn auch nur sehr langsam, wenn es mal etwas bergauf geht. Scones sind übrigens extrem leckere Gebäckstücke, die es mit Rosinen oder Datteln gibt. Ist so ein typisch englisches Ding und im Café werden sie warm mit Butter oder Sahne serviert. Wir essen sie am liebsten mit Datteln und trocken. Wir steuern Whites Bay an, wo es auch eine Doc Campsite mit ein paar Wanderwegen geben soll. Komischerweise stehen schon einige Autos auf dem Platz und es gibt sogar Parkwächter. Es ist familiy day vom Lions Club und die Familien strömen nur so heran. Aber wir finden einen Platz im Schatten und sind nach nur 30 Minuten komplett zugeparkt. In drei Stunden soll der Spuk vorbei sein, na hoffentlich. Wir machen uns auf in den Wald und erreichen nach einigen Höhenmetern einen traumhaften Aussichtspunkt. In der Ferne können wir sogar das Cape Campbell erkennen. Wow. Das Wetter ist sehr sonnig und ziemlich heiß, deswegen gehen wir erst am späten Nachmittag zum Strand, um zu baden. Das Wasser ist eisig und deswegen wirds nur ein "quick dip", um uns etwas runter zu kühlen. Die Nacht wird böig, windig und wir wachen deswegen oft auf. Ich habe Sorge, dass das Zelt dem Wind nicht stand hält, aber es passiert nichts und auch die Bäume um uns herum bleiben an Ort und Stelle.
Nach dieser unruhigen Nacht geht es zurück nach Nelson, 2tall hat nochmal einen Chiropraktiker Termin und der Zyklon rollt heran. Wir haben eine wunderschöne Unterkunft, inmitten von übervollen Obstbäumen. Hier lässt sich das schlechte Wetter gut aushalten. Mal sehen, was das neue Reiseleben ohne großen Wanderrucksack sonst noch bringt.
(Good Grip, 25.2.2018)