Der Queen Charlotte Track war ein super Start für die Südinsel. Besser hätten wir uns nicht einlaufen können. Wir waren ganz angetan, und trotzdem ist die Freude nach ein paar Tagen schwitzen auf eine Dusche und ein weiches Bett dann doch recht groß. In Havelock ist die Auswahl an Unterkünften nicht so üppig, und da wir keine Lust auf ein Backpacker haben, wird es die etwas teurere Motorlodge. Bevor wir aber in unser Etablissement einchecken, gönnen wir uns noch einen leckeren Dattelscone und einen Kaffee. Viele Campervans und sogar einige Radreisende kommen durch den Ort. Richtig voll ist es hier.
Nach einer ausgiebigen Dusche stellen wir unsere Wäsche an und gehen erstmal Mittagessen. Es gibt im ortsansässigen Takeaway Süßkartoffelfritten, Veggieburger, Fisch und Chips. Sehr lecker, aber komischerweise bekommen wir die Portion gar nicht auf. Was ist mit unserem Hikerhunger passiert? Die letzten Tage waren wohl doch weniger anstrengend als sich das so angefühlt hat... oder die Fritten sind einfach zu fettig? Mit vollem Bauch gehts in den kleinen Supermarkt, um für die nächsten Tage in den Richmond Ranges einzukaufen. Der Laden ist zwar klein, hat aber alles, was wir so brauchen. Außerdem ist es ja so viel besser, satt einkaufen zu gehen. Noch ein paar Sachen fürs Abendbrot, dann sind wir schon fertig und können den Rest des Tages regenerieren. Es ist wunderbar ruhig in der Unterkunft und wir sind froh, dass wir ein paar Dollar mehr investiert haben. Das scheint der Preis für Ungestörtheit und Ruhe zu sein.
Für den nächsten Morgen hoffen wir auf etwas Glück beim Hitchhiken, denn wir möchten von der Pelorus Brücke starten, weil dann immer noch 20 km bis zur nächsten Hut zu gehen sind. Im Gegensatz zu gestern Nachmittag ist heute im Ort nichts los. Könnte sein, dass es am Feiertag, dem Waitangi Day liegt. Aber keine fünf Minuten später kommt ein vollgeladenes Auto vorbei und drin sitzt die Neuseeländerin, die wir schon auf dem Queen-Charlotte-Track kennengelernt hatten. Ihr Mann wandert auf dem TA, sie hat das Begleitfahrzeug und diverse Lebensmittel für ihn an Bord. Sie räumt Platz für uns frei und wir sind dankbar für den Ride zur Pelorus Bridge. Von dort gehts erstmal eine ganze Zeit auf Asphalt, dann wirds aber irgendwann schottrig und die Gegend immer schöner. Ein paar Mountainbiker und Motorräder sehen wir und sogar drei Wanderer kommen uns entgegen. Einer sogar barfuß, auf Schotterstraße bestimmt kein Vergnügen. Bis zu den Emerald Pools wird der Trail richtig schön und wir hoffen sehr, dass es so weitergeht. An den Pools sind einige Touristen und auch Einheimische, die hier baden. Wir gehen aber weiter, denn wir müssen bis zu unserer Hütte noch einiges laufen. Es geht bergauf und gibt viele Wurzeln, der Trail ist fast wie der AT in Maine. Das Wetter ist spitze und wir können es kaum glauben, wie toll der TA hier sein kann. Die Hütte ist nach drei Stunden dann endlich zu sehen und es sind schon Leute dort, denn diverse Klamotten liegen auf der Wiese ausgebreitet. Das müssen die Holländer sein, die Waschtag gemacht haben. Wir finden einen guten Zeltplatz, denn die Hütte sieht etwas runter und verdreckt aus. Außerdem sind die Sandflies extrem aggressiv hier. Ich versuche mich am Fluss ein wenig zu waschen, aber auch hier werde ich sofort angefallen und muss mich umgehend wieder anziehen. Ganz ins Wasser einzutauchen, um vor den Biestern zu flüchten, schaffe ich nicht. Das Wasser ist nämlich echt frisch. Wie gut, dass ich in Havelock noch "Good bye Sandfly" gekauft habe. Das Teebaum-Manuka-Lavendel-Mandel-Öl riecht super für uns, die Sandflies mögen es nicht so gerne, aber irgendwie erwischen manche doch immer noch ein wenig unbehandelte Haut. Das gute Öl kann gegen DEET nicht in Konkurrenz gehen, aber es kann definitiv dagegen "anstinken", denn es riecht angenehm und fühlt sich sogar auf unserer trockenen Haut gut an. Die Sandflies sind fiese Biester, und leider werden die Stiche weiterhin bei mir zu unglaublichen Beulen. Aber auch gegen den Juckreiz soll das Öl etwas helfen, na dann.
Wir gehen früh ins Zelt und lesen noch lange. Um uns herum summt und brummt es mächtig. Nochmal raus zu gehen wäre wahrscheinlich lebensbedrohlich. Das Wetter ist auch am nächsten Morgen noch super und wir sind die ersten, die auf den Trail starten. Die Holländer und auch das australische Pärchen, was spät am Nachmittag noch kam, schlafen ein wenig aus. Wir kommen um 8.40 Uhr los und schon nach kurzer Zeit gibts die erste, sehr wackelige Hängebrücke über den Fluss. Diesmal nur für eine Person und das ist auch gut so, denn das Ding wirkt schon ein wenig in die Jahre gekommen. Die Farbe des Flusses unter uns ist wunderschön türkis und glasklar. Bis zur nächsten Hütte ist es nicht zu weit und wir machen dort eine ausgiebige Mittagspause, um Kraft zu schöpfen für den nächsten heftigen Anstieg. Nur drei Stunden und ca. 650 Höhenmeter später, kommen wir an der großen Rocks Hut an, wo es tatsächlich eine richtige Toilette (flush toilet) gibt. Auf dem Regal steht sogar eine Flasche von unserem Brennstoff, so dass wir auffüllen können und unseren etwas knappen Bestand aufbessern können. Dann ist sogar ein Nachmittagskaffee möglich. Den Kaffee "gönne" ich mir meistens in den teureren Hotels, ist zwar nur Instantpulver, aber ab und zu schmeckt das neben dem Tee auch ganz gut und ich kann mich vielleicht etwas daran gewöhnen, den Kaffee auch ohne Milch zu genießen. Später kommt noch das holländische Paar in die Hütte. Wir entscheiden uns diesmal alle, indoor zu übernachten. Die Zeltplätze um die Hütte sind nicht so schön und außerdem wird es abends empfindlich kalt, sogar in der Hütte kühlt es ganz schön runter, als erstmal die Sonne weg ist. Toll, wenn man in so einer Hütte nur zu viert ist und es wunderbar ruhig ist. Das hört sich mit 16 Leuten wahrscheinlich ganz anders an. Am Morgen kommt ein junger Deutscher vorbei, der bis Mitte März die gesamte Südinsel gehen will, weil dies sein Geburtstag ist, na viel Spaß. Außerdem kommt Lost Kiwi vorbei, den wir irgendwo mit dem Bus oder Auto überholt haben. Er hat einen neuen Rucksack und neue Schuhe und ist unfassbar schnell unterwegs. Er will trotz der Sturmwarnung weitergehen, und vor dem großen Regen noch den Fluss versuchen zu überqueren. Wir überlegen hin und her und entscheiden uns dann, nach Nelson abzusteigen, wo wir das Wetter abwarten wollen. Wir finden ein gemütliches Zimmer bei Airbnb bei einer holländischen Familie, die super nett, unkompliziert und sehr hilfsbereit sind. Wir können hier zwar nicht kochen, aber das nehmen wir in Kauf, denn es ist wirklich schön und sogar bezahlbar. In Nelson versuchen wir am nächsten Tag, meine Wanderstöcke reparieren zu lassen, aber in vier Outdoorläden hat nur einer eine Leki Reparaturkiste und das Teil, was kaputt ist, finden wir darin nicht... oh Mann. Das ist irgendwie enttäuschend. Auch neue Schuheinlagen sind schwer zu finden, aber im letzten Laden gibt es dann glücklicherweise neue Merinosocken, Gerichte und sogar Schuheinlagen für mich, juchuh!
Wir kaufen noch etwas fürs Abendessen und machen uns wieder auf zu unserer Unterkunft. Wir sind von dem "Konsumgedöns" ganz schön genervt und wollen das am liebsten alles vermeiden, aber leider gehts manchmal einfach nicht anders. Wir hoffen, nach dem großen Regen am Montag wieder loswandern zu können. Mal sehen, wie sich dieser Tropensturm auf der Südinsel auswirkt.
(Good Grip, 11.2.2018)