Die Tage in Wellington haben uns sehr gut getan. Wir hatten eine kleine, aber feine Unterkunft über AirBnB etwas oberhalb der City. Aber die Busverbindung war in Ordnung und Jim hat uns sogar vom Busbahnhof abgeholt und am Ende auch wieder zur Fähre gebracht, was mal wieder kiwitypisch sehr hilfsbereit war. Jim fährt übrigens ein Elektroauto und ist total begeistert von seinem Japan-Import. Wir waren von dem leisen, schadstoffarmen Auto auch angetan. Wir haben in unserer Bude viel gelesen, konnten auch im Garten sitzen, waren aber auch im Te Papa Museum und haben unser Postpaket abgeholt und neu bestückt. Denn nun kommt unser zweites Paar Schuhe zum Einsatz, meine vermatschten Dinger sind entsorgt, 2talls Schuhe haben wir nochmal vorsichtshalber behalten. Neue Schuhe sehen nicht nur klasse aus, sie riechen auch noch nicht so käsig. Wenigstens ein paar Tage wird uns dieses schöne neue Gefühl bleiben.
Die Wetteraussichten sind leider mal wieder bescheiden, denn das nächste Tief rollt heran, was viel Regen und Wind mitbringen soll, es fällt sogar mal das Wort Zyklon. Unsere Fährfahrt haben wir perfekt gebucht, ausgerechnet am heftigsten Tag wollen wir zur Südinsel nach Picton übersetzen. Wir vergewissern uns nochmal bei Interislander, ob die Fähre wirklich fahren kann, aber sie gehen davon aus. Mal sehen, was mein Magen dazu sagt. Die Überfahrt ist tatsächlich gar nicht so heftig, es gibt Wind, Regen und auch Wellen, aber wir sitzen im Lookout, so dass ich auch immer wieder aufs Meer schauen kann, ohne dass mir komisch wird. In Picton angekommen regnet es zwischenzeitlich Katzen und Hunde und wir stellen uns bei der I-Site noch unter, nachdem wir dort den Pass für den Queen Charlotte Track gekauft haben. Der Weg ist glücklicherweise kein Great Walk, gehört aber offiziell zum Te Araroa. Das Boot, was uns zum Start nach Ship Cove bringen wird, brauchen wir ausnahmsweise mal nicht vorzubuchen. Wir bringen unsere Klamotten in unsere Unterkunft und stürzen uns dann in den Supermarkt, denn wir haben uns entschieden, zwei Essenpakete nach Arthur's Pass und nach St. Arnaud zu schicken, weil die Einkaufsmöglichkeiten dort sehr begrenzt sind. Uff, der Einkaufswagen ist unfassbar voll und wir ernten auch entsprechende Blicke von manchen Einheimischen. Gar nicht so einfach, das Essen für 15 Tage zu kalkulieren, aber am Ende können wir zwei übervolle Pakete pünktlich an der Post abgeben. Was für ein Nachmittag. Wir besorgen uns noch ein paar frische Sachen fürs Abendessen, dann gehts in die Unterkunft, wo ein französisches Paar am Tisch sitzt und sich zum Essen eine Flasche Wein gönnt. Das ist also kein Klischee...
Das Boot zum Trailhead des Queen Charlotte Tracks startet am nächsten Tag um 9 Uhr und mit uns sind einige andere Wanderer an Bord, die aber offensichtlich Gepäcktransport mitgebucht haben, denn sie gehen alle nur mit einem kleinen Tagesrucksack los. Der QCT ist sowohl ein Mountainbiketrack als auch ein Nobelwanderweg, denn es geht über viel privates Land, wo es eben auch Unterkünfte (noble Lodges) und Zeltplätze gibt, die auch mal privat sind. Das Wetter ist an diesem Morgen perfekt, sonnig, nicht zu heiß. Wir sitzen an Deck des Bootes draußen und genießen einen super Blick übers Wasser. Es dauert nicht lange, da sehen wir Seelöwen in einer Bucht, wir stoppen am Felsen, wo sich sehr seltene Kormorane sonnen, ein blauer Pinguin schwimmt vorbei und dann begegnen wir einer großen Zahl von Delphinen, die ganz nah am Boot vorbei schwimmen. Was für ein Erlebnis, ich bin total begeistert!
Als wir dann in Ship Cove los gehen wollen, bekomme ich leider meinen einen Wanderstock nicht mehr gelöst, den ich für die Fährüberfahrt klein machen musste. Nach vielen vergeblichen Versuchen frage ich beim Bootführer nach Werkzeug, was er auch glücklicherweise hat. Nachdem ich es tatsächlich geschafft habe, das Ding loszudrehen, lässt es sich in meiner Wanderhöhe leider nicht mehr fixieren. So ein Pech. 2tall versucht alles mögliche, aber die Schraube ist durch und das wars. Aber es gibt ja Tape und so können wir nach ca. einer Stunde "Stockwerkeln" endlich auf den Queen Charlotte Track starten. Die Stimmung ist aber bei mir im Keller, denn irgendwie sind wir beide frustriert und ich komme mir ziemlich doof vor. Dann wird auch noch das Wetter schlecht und wir stapfen schweigend in unseren Schlumpfkostümen bergauf. Der Weg ist aber ganz schön und auch die Laune wird nach einigen Kilometern wieder besser. Später auf dem Weg machen wir Halt an einer Lodge, gönnen uns ein Getränk, bewundern etwas den Luxus und gehen dann aber weiter zu unserem Campingplatz. Diesmal ist es ein privater Platz von einem älteren Ehepaar, der wirklich schön gemacht ist. Es gibt ein Shelter zum Unterstellen und Kochen, diverse Picknicktische, Solarduschen und eine piekfeine Toilette mit Handwaschbecken, Spiegel und Feuerlöscher. Da könnten sich die DOC Campsites mal eine Scheibe von abschneiden. Mit uns sind noch zwei Neuseeländer dort, ein Holländer und ein Schotte. Wir haben abends beim Essen ganz gute Gespräche und hoffen, dass sich das Wetter in den nächsten Tagen ein bißchen bessert. Für den nächsten Tag haben wir uns nämlich 25km vorgenommen.
Der Morgen ist noch etwas bedeckt, aber der Weg entschädigt mit super tollen Blicken und einem gelungenen Wanderweg. Das ist mal ein richtiger Trail und wir können gar nicht verstehen, dass manche Hiker den QCT als langweilig empfinden. Uns gefällt er super, es gibt sogar in guten Abständen Picknickbänke, die wir ausgiebig nutzen. Wir müssen zwischendurch auch immer mal wieder etwas bergauf klettern, aber insgesamt ist es ein toller Weg und auch unser Campingplatz hat einen super Blick auf die Bucht von Picton. Die Hühnchen "Wekas" sind allerdings auch schnell da und gucken immer mal wieder, ob nicht etwas für sie abfällt. Diese flugunfähigen Viecher sind ziemlich frech und man muss aufpassen, dass sie einem nicht die Sachen klauen. Sie haben außerdem einen ähnlichen Ruf wie die Kiwis und viele verwechseln die beiden Tiere häufig miteinander. Leider ist es am Abend ziemlich kalt und auch wenn wir uns mit dem holländischen Pärchen noch etwas unterhalten, gehen wir bald ins Zelt, um nicht komplett zu erfrieren. In der Nacht macht sich übrigens ein Possum über das Shelter her und veranstaltet eine ziemliche Sauerei auf der Kochzeile. Das sind auch ganz schön freche Fellviecher. Possums nerven ja nicht nur Touristen, sondern sie fressen auch viele heimische Bäume einfach kahl, im Gegensatz zu den Wekas, die hier gerne gesehen sind, weil sie die richtigen Pflanzen und Samen fressen und dann “hinten raus“ verteilen.
Der dritte und schon letzte Tag auf dem QCT ist super sonnig und das Meer leuchtet türkis in den vielen Buchten. Es gibt einige wenige Häuser, die inzwischen wohl ein Vermögen kosten, was bei der Lage sehr gut vorstellbar ist, es sieht einfach traumhaft aus und man hat keine Nachbarn. Manche Häuser sind ausschließlich per Boot zu erreichen und die Jettys werden dann wohl auch mal von Seehunden belagert. Keine Nachbarn, aber freche Seehunde, das ist hier der Deal. Wir treffen ein paar Mountainbiker, aber auch viele Tageswanderer, die bei diesem schönen Wetter unterwegs sind. Es geht ganz schön steil rauf und runter, trotzdem kommen wir am Nachmittag relativ früh an der Campsite an, obwohl wir viele Pausen und Ausblicke genossen haben. Wir treffen wieder das holländische und das neuseeländische Paar, die ebenfalls an der Doc Campsite kurz vor Anakiwa übernachten. 2tall hat ein schönes Plätzchen für die Nacht gefunden und so schlummern wir wohlig müde ein. Bis Anakiwa sinds am nächsten Tag nur noch 3 Kilometer flacher Weg. In dem kleinen Ort ist leider kein Café offen, wo wir vielleicht ein zweites Frühstück hätten einnehmen können. Deswegen gehts direkt weiter, um nach Havelock zu kommen. Da es mal wieder nur Straße ist, halten wir den Daumen raus und werden auch prompt mitgenommen. Zwar nur bis zu Kreuzung, wo unser Fahrer leider in die andere Richtung muss, aber das hilft uns schon enorm. Also gehen wir nochmal los und nach 3 Kilometern hält ein Typ an, der uns verrät, dass er Pilot ist. Er hat gerade ein paar Tage frei und besucht Leute und nimmt immer mal wieder Hitchhiker mit, super! In Havelock freuen wir uns über eine Dusche, eine Waschmaschine und gutes Essen. Die nächsten Tage geht es in die Richmond Ranges, dann wirds bergig und wir können nur hoffen, dass unsere Traillegs uns nicht im Stich lassen.
(Good Grip, 5.2.2018)