Nach der Busfahrt mit dem Intercity und einem erholsamen Tag in einem sehr ruhigen Motel in Palmerston North geht es erstmal auf der Hauptstraße raus aus der Stadt. Es ist viel Verkehr, aber immerhin gibt es hier einige Radfahrer, die sogar einen eigenen Weg haben. Das macht uns die Stadt sympathisch. Leider ist es warm und die Luftfeuchtigkeit sehr hoch, so dass wir schon nach ein paar hundert Metern wie aus dem Wasser gezogen sind. Durch kleine Parks gehts immer weiter raus aus der Stadt, wo wir ganz idyllische Wege an einem Flüsschen entlang gehen. Schade, dass diese schönen Abschnitte nur so kurz sind, denn bald schon wechseln sich wieder Schotter und Asphalt ab.
Nach knapp 20 km erreichen wir einen kleinen Zeltplatz am Fluss, der auch bei den Einheimischen beliebt ist, denn immer wieder fahren Autos vor, und Mensch und Hund gehen gemeinsam baden. Kurz nach unserer Ankunft erreichen auch Lost Kiwi und San Remo den Zeltplatz, zusammen bauen wir unsere Nachtlager auf und haben einen unterhaltsamen Abend am Picknicktisch.
Am Morgen macht sich Lost Kiwi als erstes auf den Weg und rast wie von Sinnen los. Will er tatsächlich eine Marathon Strecke bis zum Outdoorcenter gehen? Zuzutrauen wäre es ihm, denn er hat ja schon auf dem Timbertrail 52 km an einem Tag gemacht... Wir wissen noch nicht so genau, wo wir am Abend campen können, hoffen aber, dass es unterwegs ein Plätzchen geben wird, wo es auch Wasser gibt. Wir klettern nach dem Halfwaypoint erstmal langsam hoch und transpirieren wie in der Sauna. Leider durchwandern wir dann mal wieder ein großes Gelände, wo viel abgeholzt wurde. Es sieht nicht schön aus und wir sind froh, als wir irgendwann in den Burton Track abbiegen können. Der Track ist nach einem Farmer benannt, der hier über 30 Jahre allein mit seinen Viechern gelebt hat und leider von einer Hängebrücke gestürzt ist. Verletzt, wie er war, ist er erst zu seinen Hunden gekrochen, um sie zu füttern, bevor er sich dann selber Hilfe bei seinen Nachbarn gesucht hat. Er hat das am Ende nicht überlebt, aber eine Gedenktafel erinnert an ihn, und wir sind schon beeindruckt, dass sich jemand so schwer verletzt durch dieses Gelände geschleppt hat. Der Weg ist mal wieder matschig, aber auch grün, es gibt eine Flussüberquerung, und wir werden von Gorse und Flachs zerkratzt und von Sandflies zerstochen. Wir sind nach 24 km ziemlich ko und müssen jetzt nur noch was zum Zelten finden, denn offiziell gibt es hier nichts, da es "private land" ist. An einem alten Blechschuppen liegen uns zuviele Scherben und Reste von Schrothülsen. Das ist schon etwas unheimlich und wir sind auch etwas frustriert, weil es nichts zu geben scheint, wo wir die Nacht verbringen können. Dann hören wir San Remo, der uns ruft, weil er an einem zusammen gebrochenen Haus einen Platz zum Zelten gefunden hat. Toll, denn der Boden ist weich und wir sind durch die Bäume sogar etwas geschützt. Ich hole noch Wasser am nächsten Stream und lasse mir auf dem Weg noch ein paar Brombeeren schmecken, die jetzt reif werden. Der kleine Fluss ist nicht super, aber ich kann unsere Flaschen füllen, werde allerdings in der Zeit von den Sandflies massiv attackiert. Ich weiß nicht, wieviele Stiche ich am Ende habe, aber die Unterschenkel sehen gruselig aus und an den Juckreiz in den nächsten Tagen möchte ich jetzt noch nicht denken. Während ich Wasser schöpfe, kommt ein Auto mit zwei jungen Männern vorbei, die aber wegen einer Schranke nicht in den Weg einbiegen können. Ich zeige mich und sage, dass ich hier Wasser hole, was sie ziemlich irritiert. Keine Ahnung, was die hier wollten, aber ich habe sie definitiv dabei gestört.
Die Nacht ist sehr ruhig und trotzdem schlafen wir alle wegen der hohen Luftfeuchtigkeit und der Wärme wenig erholsam. Heute also der Mangahaho-Makahika-Track, der 2008 vom Primeminister offiziell eröffnet wurde. Wir müssen einiges an Höhenmetern durch Matschlöcher und Matschpassagen aufsteigen, genießen einen Lookout und schlingern dann wieder runter zum Makahika Fluss, den wir diverse Male kreuzen müssen. Zum Glück hat er nur wenig Wasser und die diversen Steine, die bestimmt von anderen Hikern an günstige Stellen gelegt wurden, helfen uns, trocken über das Wasser zu kommen. Meine Stöcke sind mir dabei eine große Hilfe und so schaffe ich es, nicht abzurutschen und meinem Trailnamen, Good Grip, mal wieder alle Ehre zu machen. Leider gibt es die Tradition eines Trailnamens auf dem Te Araroa hier noch nicht. Schade, denn meinen richtigen Namen kann hier kein Mensch aussprechen, außer San Remo natürlich.
Nach vielen Stunden harter Wanderarbeit kommen wir am Outdoorcenter an und werden super freundlich mit kühlen Getränken und Broten begrüßt. Auch ein Shuttle in die Stadt wird organisiert und eine kurze Zusammenfassung der Tararuas wird uns von John auf der Veranda dar gebracht. Wir alle drei entscheiden uns aber erstmal, in die Stadt Levin zu fahren, um dort unsere Akkus wieder aufzuladen und meinen Geburtstag zu feiern. San Remo geht in den Holiday Park, wir nächtigen im Motel. Wir sind erhitzt, kaputt und ziemlich genervt, was den Trail hier in Neuseeland betrifft. Wir haben überhaupt keine Lust mehr auf diese Matschwege, die eigentlich unpassierbar sind.
Meinen Geburtstag feiern wir mit Apfelkuchen, Kerzen und einer wunderbaren Karte von 2tall. Auch das Skypen mit meiner großen Schwester und ihrem Mann machen diesen Tag hier in der Ferne für mich besonders. Abends treffen wir noch San Remo, um beim Inder zu essen, und auch er hat die perfekte Geburtstagskarte, meine Lieblingsschokolade und natürlich San Remo Nudeln für mich. Es gibt nichts Schöneres, als Geburtstag zu haben. Danke euch allen!
Im Laufe des Tages überlegen wir nochmal, ob wir die Tararuas wirklich von Levin laufen wollen. Die letzten Erfahrungen wirken immer noch nach, wir sind ausgelaugt und irgendwie auch wandermüde, so dass wir schließlich schon hier einen vorläufigen Cut machen und die Nordinsel für uns abschließen. Wir fahren mit dem Bus nach Wellington und mieten uns ein paar Tage in einem AirBnB ein, um wieder "Grund unter die Füße" zu bekommen, der uns bei dem ganzen Matsch verloren gegangen ist. Wir wollen dem Te Araroa aber noch eine Chance auf der Südinsel geben und hoffen, dass wir dort noch ein paar schöne Wandertage haben werden. Happy trails!
(Good Grip, 30.1.2018)