Der Ruhetag im Common Ground Retreat war klasse, wir haben uns gut erholt und hofften, dass 2Tall mit den neuen Schuhen besser zurecht käme. Mike brachte uns zum Eckville Shelter zurück und betonte nochmal, dass wir uns bei Schwierigkeiten melden könnten. Wir waren so froh, dass wir Mike und Lyndie kennengelernt haben und waren dankbar für dieses Angebot. Leider wurde deutlich, dass auch die neuen Schuhe nicht sofort Schmerzfreiheit bei 2Tall brachten. Er quälte sich ziemlich, schnürte die Schuhe mal fest und mal locker und war entsprechend frustriert, dass nichts half.
Der Weg zu den Pinnacles war stark frequentiert, denn es war sonnig und die Leute hatten wegen des Wochenendes frei für eine Wandertour. Wir trafen Hinz und Kunz und die entsprechenden Hunde dazu. Was für ein Gewusel auf dem AT. Die Aussicht war spektakulär und auch der Trail war weiterhin spektakulär felsig und rutschig. An einer Lichtung machten wir einen kurzen Stop, als uns ein Mann ansprach und mir statt des Plumpsklos eine richtige Toilette im Astronomical Park anbot. Das war ja schon mal ein Highlight, es kam aber noch besser, denn er ließ uns durch eines der sechs Teleskope schauen und gab uns noch eine kleine Führung. Wir konnten Sonnenflecken und Protuberanzen durchs Teleskop sehen, wow, das war mal eine ganz neue Art von Trailmagic.
Wir waren total fasziniert und freuten uns über die bereichernde Pause. Bis zu unserer Campsite war es allerdings noch etwas Gekraxel, immerhin gab es direkt an unserem Schlafplätzchen eine Quelle. Das Schlafen im Wald war für uns nicht mehr ganz so stressig, aber unruhig waren wir schon. Leider regnete es die Nacht auch noch, so dass wir am Morgen mal wieder nasse und dementsprechend rutschige Felsen zu überwinden hatten. Die Waldstimmung mit dem Nebel war allerdings auch besonders und wir gingen langsam in Richtung Port Clinton, wo wir auf eine Einkehr hofften. Der Ort entpuppte sich aber leider als total unbrauchbare Trailtown, denn der Peanut Shop hatte nur Bonbons in sämtlichen Formen und Farben und das Hotel öffnete erst um 11 Uhr. Lange warten wollten wir nicht, deswegen gingen wir zurück zum Getränkeautomaten, der gegenüber der Kirche stand, um unsere Wasservorräte aufzufüllen. Am Hotel war uns schon ein junger Typ aufgefallen, der dort mit einem Polizisten sprach. Als wir dann an dem Getränkeautomaten standen, kam er auf uns zu und wollte wissen, ob er mit uns bis nach Virginia wandern könnte... wir waren einen Moment irritiert und sagten ihm, dass wir allein sein wollten. Er zog dann los und lief tatsächlich auf den Trail, denn beim Anstieg aus dem Tal trafen wir ihn dann wieder und er bettelte uns um Wasser an. Das war eine total absurde Situation... wir redeten nochmal eindringlich auf ihn ein, dass er Wasser und Essen bräuchte, wenn er denn den Trail laufen wollte. Er meinte, er wäre obdachlos und hätte keine Wahl... er war eigentlich noch zu jung, aber seine Haut und die Zähne waren so schlecht, dass wir noch lange über diesen jungen Typen nachdachten. Wir überlegten schon, was wir machen könnten, wenn wir ihn an Shelter wieder getroffen hätten, aber wir sahen ihn nicht noch einmal. Das ging uns schon nahe, denn er war offensichtlich vom Polizisten aufgefordert worden, den Ort zu verlassen. Aber hätten wir ihm helfen können? Kurzfristig vielleicht, aber mehr leider auch nicht.
2Tall hatte bis zum Eagles Nest Shelter weiterhin viel mit seinen Füßen zu tun und litt erheblich. Was für ein großer Mist, so ausgebremst zu werden. Wir beschlossen am nächsten Morgen, nur einen sehr kurzen Tag zu machen, um dann im Rock'n Sole Hostel erstmal durch zu schnaufen. Das Hostel war auch eine umgebaute Garage, aber im Gegensatz zum Mechanical Man bot es noch diverse entscheidene Vorteile wie eine warme Außendusche, Frühstück und Abendessen und Bettwäsche in einem Stockbett und natürlich WiFi. Später kam noch Werner, ursprünglich aus Nürnberg, ins Hostel, den 2Tall schon am letzten Shelter kennengelernt hatte. Es war schön, mal wieder deutsch zu sprechen und sich über den Trail, die Amis an sich und im Speziellen zu unterhalten. Wir hatten einen gemütlichen deutschen Abend im Hostel. Da 2Talls Füße weiterhin schmerzten entschieden wir uns für einen Ruhetag hier, hinter dem Hostel floss ein kühler Bach, der perfekt war, um schmerzende Füße runter zu kühlen und sich auszuruhen.
Den Ruhetag nutzten wir, um einen Arzt zu konsultieren, um auszuschließen, dass sich vielleicht nicht doch das ein oder andere Knöchelchen durch die Belastung "verdünnisiert" hatte. Die Ärztin beruhigte uns und sprach von einer Tendinitis der kleinen Fußmuskeln. Ruhe, Kühlung und Ibuprofen sollten die nächsten Tage das Problem in den Griff bekommen. Wir hätten an einem anderen Ort vielleicht nicht so gute Bedingungen gehabt. Die Hostelbesitzer fahren uns überall hin, helfen uns sehr und wir sind sehr dankbar, doch noch ein kleines Stückchen Glück im Unglück hier zu haben. Mal sehen, wann es den Füßen gut genug geht, um weiter zu wandern. Everything works out, hopefully ;-)
(Good Grip, 20.9.2017)