Unsere Unterkunft in Dankmarshausen hatte alle Annehmlichkeiten zu bieten, da gab es Kaffee, Tee, Getränke im Kühlschrank, eine Waschmaschine mit Pulver und Klopapier mit einer blumigen Duftnote. Wir nutzten alles und genossen am Morgen den heißen Kaffee. Der Bäcker war in der Nähe, so dass wir uns selbst ein Frühstück kreieren konnten, was auch mal wieder schön war. Leider ging es mit dem Wetter nicht so schön los und den ganzen Tag über regnete es relativ stark, so dass wir ganz schön an unsere Grenze kamen. Die Landschaft war aber, bis auf die tiefhängenden Wolken, ganz idyllisch und bei Sonne wärs sicher auch eine wunderbare Tour geworden. Unseren ersten Stop machten wir an einer Bahnunterführung, die uns etwas Regenschutz bot. Wir wurden sicher immer mal wieder von Autofahrern bedauernd angesehen, aber als Brillen- und Kapuzenträger ist man bei so einem Wetter irgendwie außen vor. Schön wurde es aber immer, wenn wir andere Leidensgenossen auf dem Fahrrad trafen. Wir versuchten zu lächeln und zu grüßen, aber wenn wir genauso jämmerlich ausgesehen haben, wie die anderen, wars eher ein trauriger Anblick. Die Schnecken mochten aber wohl das Wetter, wir sahen tausende mit und ohne Häuschen, bevorzugt auf dem Fahrradweg, was dann manchmal bei uns einen Slalom auslöste, leider fanden wir am Ende unserer Tagestour dann doch einige suizidgefährdete Kreaturen unter dem Rahmen. An einem Rasthäuschen wollten wir uns dann mal kurz unterstellen, aber der Regen war so heftig, dass auch unter dem kleinen Dach alles nass war, irgendwie war das gesamte Ding eine Fehlkonstruktion. Schade. Nebenan auf der Straße wurde die Fahrbahndecke erneuert und der Asphalt dampfte und roch auch nicht gerade angenehm. Das wurde also irgendwie keine erholsame Rast. Wir machten uns bald wieder auf den Weg, um auch nicht komplett kalt zu werden. Das war schon ein sehr anstrengendes Wetter. Leider mussten wir mitten durch die Stadt Bad Hersfeld, was uns mächtig aufregte, denn sowohl Fußgänger, Autos oder Bordsteine schienen hier nicht auf Fahrradfahrer eingestellt zu sein. Es war ein Höllentrip und wir überhaupt nicht mehr an Stadtverkehr gewöhnt. Wir waren froh, lebend da raus gekommen zu sein. Aber der Tag war ja noch nicht zu Ende, denn in Schlitz riss irgendwann einfach der Schaltzug an 2Talls Fahrrad. Aber das Glück war uns nicht ganz abhanden gekommen, denn exakt an der Stelle des Unglücks war ein Plakat eines Fahrradladens aufgehängt. Zu dem fuhren wir dann auch und sie waren so nett, das Rad sofort zu reparieren. Es dauerte dann doch noch eine gute Stunde, aber wir konnten dann die letzte Strecke bis Bad Salzschlirf, kalt, durchnässt, aber erleichtert in Angriff nehmen. Die Unterkunft war wohl weislich schon etwas warm gemacht worden, und so konnten wir uns und unsere Klamotten trocknen und das große Zimmer innerhalb kürzester Zeit in ein absolutes Chaos verwandeln. Wir waren von dem Tag dann so ko, dass wir beschlossen, nicht mehr in den Ort fürs Abendessen raus zu gehen, sondern unsere Notrationen zu vertilgen. Wir fragten nach einem Wasserkocher, den gab es leider nicht, aber eine Thermoskanne voll mit dem entsprechenden Nass erhielten wir und innerhalb von 5 Minuten hatten wir ein wohlschmeckendes 2-Gänge Menü.
Der nächste Morgen war erstmal trocken und wir hofften auf einen ruhigeren Tag. Der Regen hatte unsere Fahrradketten aber ordentlich mitgenommen, denn die zwitscherten laut, so dass wir beim Bäckerstop auch erstmal Öl auftragen mussten. Leider stellten wir fest, dass der Mechaniker in Schlitz vergessen hatte, die Klingel an 2Talls Lenker wieder festzuschrauben. Also gings in Lauterbach in den nächsten Fahrradladen, um einen neuen Signalgeber käuflich zu erwerben. Irgendwann waren wir dann wieder auf einem tollen Bahnradweg, mitten in der Natur, ohne Autos, allerdings ging dann auch der Regen wieder los. Neben Nässe, Wind und Kälte gibt es noch eine weitere Option, die jede Radlerin und jeden Radler erfreut, genau, bergauf fahren. Am höchsten Punkt der Strecke machten wir dann an einem Unterstand Pause, da gab es glücklicherweise auch eine Tankstelle, die uns mit heißem Kaffee versorgte. Erholt und ein bißchen aufgewärmt ging es auf eine lange Abfahrt, die uns die feinen Regentropfen ins Gesicht schleuderte. Denn das war ja der große Vorteil zum gestrigen Tag, die Regentropfen waren viel kleiner und wir wurden tatsächlich weniger nass... kein Scherz. Unsere kleine, gemütliche Unterkunft in Bad Soden Salmünster erreichten wir relativ spät und auch ganz schön müde. Der Regen und die Kälte kosteten doch immer etwas mehr Kraft als trockene, wärmere Tage. Das merkten wir auch abends im Brauhaus, wo wir unseren letzten Abend gemütlich ausklingen lassen wollten. Das ging ungefähr so, Getränke bestellen, Essen bestellen, schweigend und kaputt aufs Essen wartend, zügig und mit großem Hunger, die großen Portionen verschlingen, bezahlen und ab in die Koje... ok, wie an den letzten Abenden warfen wir immer nochmal einen Blick ins Fernsehen zu den Leichtathletik Weltmeisterschaften. Aber länger als 22 Uhr schafften wir es wegen akuter Bettschwere fast nie.
Am Morgen waren wir in unserer "Löwen-Unterkunft" allein im Frühstücksraum und genossen das letzte, schön hergerichtete Frühstück unserer Tour. Es nieselte zwar ein wenig auf den ersten Kilometern, aber das Wetter wurde immer besser und wie es sich für einen Sonntag Morgen gehört, waren die Leute mit ihren Hunden, Kindern oder Sportgeräten unterwegs. Der Bahnradweg war nun nicht mehr so idyllisch, er ging direkt an der Autobahn entlang und ständig mussten wir größere Straßen kreuzen oder per Unterführung umgehen. Wir kamen an einer Anlage vorbei, auf der wir Männer sahen, die mit ihren ferngesteuerten Modellautos um die Wette fuhren. Und dann gabs auf einer Wiese noch riesige Anhänger mit Brieftauben zu bestaunen... es gibt schon ungewöhnliche Leidenschaften, die wir Menschen ausüben, oder? Mit dem Zug ging es dann von Hanau über Frankfurt nach Koblenz und zurück nach Bonn.
Fazit der letzten 4 Wochen: wir haben eine absolut tolle Tour durch Deutschland gemacht. Ich habe meine Liebe zu Störchen und Kranichen entdeckt... man kann mit dem Fahrrad unglaubliche Strecken fahren und trotzdem mitten in der Natur sein. Wir würden es wieder tun ;-)
(Good Grip, 14.8.2017)