Da wir ja schon vor dem Sabbatjahr den ersten Teil der Vogesen-Durchquerung auf dem GR53 von Wissembourg nach Rothau gewandert hatten und uns die Gegend sehr gefallen hatte, beschlossen wir, noch einmal dort hinzufahren, um unsere Strecke fortzusetzen.
An unserem ersten Urlaubstag ging es mal direkt fett zur Sache, mit 700 Höhenmetern Aufstieg kamen wir ziemlich ins Schwitzen, aber trozdem genossen wir diesen Tag sehr, denn das Wetter konnte schöner nicht sein. Die Blätter waren schon ein wenig verfärbt und die die Sonne blitzte nur so durchs Blätterdach. Kitschig schön.
Nach nur einigen hundert Metern in Rothau waren wir auf einem Wanderweg, der uns zum GR5 bringen sollte und schon bald gabs wunderbare Ausblicke auf Wälder, Heidelbeer-Flächen und auf die ein oder andere Kuh- und Ziegenheerde. Es waren nur wenige Menschen unterwegs, schon mal gar keine mit Rucksack und wir mussten sehr viel an den Trail denken. Das sind so schöne, leichte Gedanken und wenn wir uns beamen könnten, dann würden wir jetzt wohl den Indian Summer in Maine genießen. Schon um kurz nach 16 Uhr kamen wir im Skiort Champs du Feu an und mit den großen Parkplätzen konnten wir uns den Rummel im Winter hier gut vorstellen.
Unsere Unterkunft war neu renoviert und auch fast barrierefrei, wenn man die Brücke mit den Holzbohlen und die Schottersteine auf dem Weg zum Haus mal abzieht. Wir genossen eine heiße Dusche und unser erstes französisches Abendessen, wofür wir eine Übersetzerin brauchten, denn wir verstanden außer Pommes de terres nix. Wir sind mit unseren französischen Sprachkenntnissen etwas eingerostet, glücklicherweise sprechen hier im Elsass aber viele auch deutsch.
Unser Frühstück am nächsten Morgen war mit den Croissants und den Pains au chocolat alles andere als vegan, aber in Frankreich schmecken diese Leckereien einfach köstlich und so beschlossen wir, für den Urlaub mal das zu essen, was es hier so gab, wie gesagt, ein sehr hartes Schicksal.
Wir füllten unsere Brotdosen und zogen dann bei norddeutschem Nieselregen den Skihang hoch, wo wir einen Blick über einen riesigen Parkplatz hatten, sehr unheimlich. Wieviele Touris hier wohl im Winter die Hänge runter rasen? Glücklicherweise entschied sich das Wetter irgendwann dazu, den Schalter von Nieselregen auf Sonnenschein umzulegen und ausgerechnet an den Cascaden konnten wir unsere erste Pause im Sonnenschein genießen. Leider war nach diesem schönen Wasserfall ein Weg wegen Holzfällarbeiten gesperrt, so dass wir den Umweg auf der Straße durch den kleinen Ort nehmen mussten. Aber so gab es die Möglichkeit, den Trimmpfad und das Kneipp-Becken zu bewundern. Ausprobiert haben wir aber beides nicht.
Der Weg führte dann weiter am Grand Hotel vorbei, wo schon Konrad Adenauer nächtigte, der Glanz von damals besteht leider nicht mehr, aber ein Restaurant gibt es immerhin schon mal wieder, was wir aber links liegen ließen, denn wir wollten ja an diesem Tag zur Hotellerie im Kloster von Sankt Odile. Das Kloster hat eine grandiose Lage und bei relativ gutem Wetter hatten wir einen tollen Blick über die Rheinebene bis zum Schwarzwald. Die Hotellerie hatte den Charme einer gehobenen Jugendherberge, und auch das Essen bot mit dem Abendbrot- und Frühstücksbuffet ungefähr das gleiche Angebot. Aber bei der Lage nahmen wir das gerne in Kauf und zahlten auch gerne etwas mehr.
Am Abend und in der Nacht regnete es heftig und wir fürchteten schon am nächsten Morgen baden zu gehen, aber wir konnten morgens sogar ohne Jacke los und hatten schon bald am Männelstein einen tollen Blick auf Strassburg und diesmal sogar bis zu den Alpen. Von dort ging es dann stetig bergab und irgendwann leuchteten uns die ersten herbstlich verfärbten Weinberge entgegen. Bis Barr war es nicht mehr weit und dort wollten wir ein paar Sachen einkaufen. Leider hat es dann für eine neue Thermoskanne (meine ging nämlich am ersten Tag kaputt) nicht gereicht, aber ein paar Snickers und eine Tüte blaue "Schtrümpfe" , in Deutschland heißen sie Schlümpfe, kamen doch in den Rucksack. Leider kam dann doch mehr als ein Schauer runter und bis Andlau wurde es richtig nass und unser Schlumpf-Poncho-Kostüm kam zum vollen Einsatz. Wir sind weiterhin begeistert von unseren funktionellen Regenponchos, aber das Aussehen ist eher erschreckend.
Das Hotel in Andlau sah sehr vonehm aus, aber dieser Eindruck hielt sich nur bis zu unserer Zimmertür. Dahinter verbarg sich ein Anblick aus den 70ern mit einem froschgrünen Badezimmer. Aber wenn die Dusche warm ist, sind wir zufrieden und dann ist uns auch die Fliesenfarbe egal.
Der Ort Andlau ist sehr beschaulich und mit seinen Fachwerkhäuschen und engen Gässchen bei Touristen sehr beliebt. Wir entschieden, den Abend mit einer Pizza zu beenden. Standesgemäß, wie auf dem Trail quasi.
Am nächsten Morgen stand uns ein ziemlicher Anstieg bevor, denn es sollte auf den Ungerberg gehen, und mit über 900 Höhenmetern hatten wir ordentlich was zu tun. Der Gipfel stand noch in den Wolken und nach dem ersten Teilstück Kraxelei beschlossen wir, doch nicht den höchsten Punkt zu stürmen, sondern auf einem Forstweg etwas unterhalb vorbei zu ziehen. Das war eine gute Entscheidung, denn unsere Kondition war alles andere als trailig. Der 2. Aufstieg zur Burg Bernstein wurde dann nämlich auch nochmal schweißtreibend und beim Abstieg nach Dieffenthal half noch nicht einmal das Notsnickers, um uns wieder Energie zu geben. Wir waren ko und sehr froh, dass es in den 3.Stock des Hotels einen Aufzug gab. Unser Zimmer war riesig mit einem Himmelbett und rosiger Bettwäsche, das musste ja zur Regeneration beitragen. Die Atmosphäre in dem Hotel war uns allerdings ein wenig zu gediegen und wir waren froh, als das Essen beendet war und wir wieder in unser Himmelbettzimmerchen gehen konnten. Leider knarzte das Bett fürchterlich und die Nacht wurde dann doch nicht so erholsam.
Am nächsten Morgen mussten wir erstmal einiges an Straße latschen und leider war mein Schienbein darüber gar nicht "amused", aber dank Kinesiotape war ich bald wieder lauffreudig unterwegs. Als mir dann unterwegs noch 2 Äpfel geschenkt wurden, nahm ich das als gutes Omen für den Tag. Wir kletterten durch die Weinberge in die Höhe und hatten leider nur wieder Waldautobahnen unter unseren Füßen. Das war etwas schade, denn wir hatten gehofft, dass der Aufstieg zur Königsburg etwas romatischer würde. Dafür wurden wir dann oben aber mit einem grandiosen Blick verwöhnt und dazu gabs es aus dem Souvenirshop pseudomittelalterliche Flötenmusik gratis. Die Kombi von Touristen, Eselrucksäcken und Storchtrinkflaschen hatte was bizarres und wir genossen dieses Komplettpaket trotzdem ein wenig. Die Elsässer stehen total auf Störche. Irgendwo scheinen diese Vögel in Massen zu leben. Wir sahen nicht ein Storchennest, dafür aber diverse Bilder auf Bechern, Topflappen, Geschirrhandtüchern oder eben Trinkflaschen. Der Abstieg nach Thannheim war dann nur noch ein Klaks und wir waren gespannt auf unser heutiges Etablissment. Es wurde ein nobler Abend und eine ruhige Nacht. Das alte Gutshaus wurde nämlich wunderbar renoviert.
Wir wanderten am Freitag unfassbar gut gesättigt los. Das Frühstücksbuffet war irre lecker, angeblich alles selbst gebacken, was wir dann aber doch nicht ganz glauben konnten.
An diesem Tag stand uns mit diversen Burgen, Auf- und Abstiegen und dem Königsstuhl ein volles Programm bevor. Es wurde lang, es wurde schön und wir hatten am Ende des Tages richtig müde Knochen. Dafür gabs ein kleines Highlight für die Nacht. Die Gite ist nämlich im Hostelstyle eingerichtet und die Dusche war im Zimmer, im Gegensatz zur Toilette, die auf dem Flur war. Nach den ganzen super noblen Unterkünften, war das eine willkommene Abwechslung. Abends gabs ein gutes Abendessen, nur das Frühstück am nächsten Morgen war etwas dünn und mit unserem Wandererhunger kamen wir mit dem trockenen Stück Baguette auch nicht so weit. Aber der kleine Ortsladen hatte am Samstagmorgen geöffnet und wir konnten noch Wegzehrung kaufen, um den Tag zu überstehen. Die Blicke der zwei Herren im Laden waren allerdings vernichtend und ich fühlte mich extrem unwohl. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass wir leicht als Deutsche zu erkennen sind, oder dass wir hier wandern? Vielleicht wars die Kombi aus beidem.
Der Aufstieg aus dem Dorf war schweißtreibend, da ziemlich steil. Es dauerte nicht lange, da waren wir in den Wolken und wegen des Windes wurden immer mal wieder größere Wolkenfetzen über uns rüber geweht. Irgendwann sahen wir eine Gruppe Rotwild, ein Hirsch mit seinen Damen. Der Wolkennebel, die Tiere, es war eine mystische Stimmung, die uns gut gefiel.
Es ging dann bis hinauf auf den großen Brezouard auf 1228m und auf dem Weg nach oben trafen wir immer wieder Mountainbiker, die ebenfalls die tolle Landschaft genossen. Die Bäume auf dem höchsten Punkt hatten durch die Feuchtigkeit der Wolken eine schöne Moosschicht an den Stämmen und desöfteren dachten wir an einen Hexenwald. Ein Knusperhäuschen hinter der nächsten Biegung hätte uns irgendwie nicht gewundert.
Auf dem Weg Richtung Le Bonhomme hatten wir dann noch die Möglichekeit der Einkehr, also fast so gut wie Knusperhütte, und mit einem warmen Kaffee und einem Apfelkuchen, war es eine erholsame Unterbrechung. Richtung Örtchen mussten wir dann tatsächlich noch den Weg mit einigen Kühen teilen, die aber absolut "wanderercool" waren, die Mädels zuckten noch nicht einmal mit den Ohren, als wir passierten. Unsere Unterkunft in Bonhomme war etwas einfacher, aber wegen des Wochenendes gut besucht. Die Besitzer waren Italiener und wir freuten uns schon auf Pizza, aber es wurde dann doch die Minestrone und die Lasagne. Auch lecker.
Nicht, dass wir mal einen Morgen mit Einlaufen hatten, nein, es ging immer sofort steil. Leider war es wieder sehr nebelig und wolkig und dadurch auch kalt. Wir kamen an diversen Relikten des 1. Weltkrieges vorbei und es war traurig, dass an diesem Ort über 10000 Menschen wegen dieser Unsinnigkeit "Krieg" ihr Leben verloren. Und am Ende kommen die Touristen, ein komisches Gefühl, dass wir dazu gehörten und dann über Schlachtfelder und Friedhöfe wanderten.
Leider wurde die schönste Etappe in den Vogesen zur Nebelpartie mit Sichtweiten unter 20m, die tollen Ausblicke im Les Haute Chaumes auf den Lac Blanc oder den Lac Vert verpassten wir, sehr schade, denn auch der Reiseführer schwärmte von dieser Gegend.
Unser Hotel befand sich am Col de la Schlucht auf 1139m, wir durften also noch einiges absteigen, bevor wir endlich nach einem langen und kalten Tag die heiße Dusche genießen konnten.
Der Nebel war auch am nächsten Morgen noch dicht und dick, aber trotzdem gab es einige Wanderer, die wie wir unterwegs waren. Als wir dann vom höchsten Punkt abstiegen, klarte es langsam auf und wenigstens hatten wir dann bei unserem Picknick in der Sonne einen klaren Blick zurück auf den Hohneck. Untermalt wurde der Blick übrigens von klingelnden Almkühen, die mit ihren Glocken ganz schön Krach machten. Nach einem Abstieg zum Stausee, wurde der Weg am Bach weiter absteigend wunderschön und wir waren begeistert von der urwäldlichen Stimmung hier. Wir kreuzten viel Geröllfelder mit mächtigen Steinen und trauten uns kaum zu atmen, um keine Lawine auszulösen.
Unser einfaches Hotel für die Nacht lag mitten im Örtchen und sowohl am Abend als auch am nächsten Morgen war Almabtrieb. Was für ein Geklingel und Geruch der Hinterlassenschaftten, sehr ländlich eben. Wir kraxelten auf 924m und hatten mal wieder einen sagenhaften Blick aufs Örtchen Mettlach.
Das war an diesem Tag aber immer noch nicht der höchste Punkt und weiter ging es in Richtung Wolken und Route des Cretes, die nämlich hier häufig parallel des Weges läuft. In der Ferne sahen wir dann sowohl Gleitschirmflieger und an anderer Stelle Hirsche und Rehe, da wurde uns nochmal richtig was geboten. Auch wenn es am Ende des Tages wieder durch ein "verseuchtes" Skigebiet" ging. Jeder Skifahrer sollte sich die Gegenden auch im Sommer ansehen, das ist nämlich erschreckend, was der Sport aus der Landschaft macht. Unsere Unterkunft war mitten in diesem Gebiet und leider gab es dann auch noch eine Baustelle direkt vor unserem Zimmer. Ungünstiger ging es nicht.
Am nächsten Morgen hatten die Blätter eine Eisschicht und die Kälte kroch uns ganz schön unter die Jacken. Wegen des Wetters und der schlechten Sicht gingen wir dann nicht ganz auf den Grand Ballon, aber etwas unterhalb dieses Berges gab es eine Einkehrmöglichkeit, die wir nutzten, um uns aufzuwärmen. Die Busladungen mit Touris und den Souvenirshop nahmen wir missbilligend in Kauf. Es gibt sie wirklich, Leute, die Kuhglocken en miniature mit der Aufschrift Grand Ballon kaufen.
Bergab ging es zu unserer letzten Auberge Mehrbächel, die nochmal sehr schön gelegen war und einen tollen Blick ins Tal bot. Eselchen und Hähne gaben interessante Töne von sich und wir genossen am Abend ein sehr leckeres Abendessen.
Als Fazit können wir sagen, dass es sich auf dem GR5 gelohnt hat, zu wandern. Die Landschaft ist toll, allerdings hätten wir es uns manchmal gerne etwas einsamer gewünscht.
Die Elsässer sind allerdings extrem fleischliebend und als Veganer sollte man diesen Teil Frankreichs eher meiden. Bonne journee!
(Good Grip, 2.4.2017)