Nach einem schweißtreibenden Anstieg zum Blood Mountain konnten wir eine tolle Aussicht und ein wunderbares altes Shelter bewundern. Übernachten durfte man hier nur mit Bärkannister, aber wir wollten sowieso weiter bis Neels Gap, um dort zu übernachten und unsere Futterbeutel aufzufüllen. Matthias, der Pälzer, war noch mit uns unterwegs und mit ausführlichen Gesprächen über den Trail und die Welt an sich, kamen wir am frühen Nachmittag bei Neels Gap an. Dort wurde uns eine Cabin empfohlen, die nur 5 Minuten vom berühmten Laden mit angegliedertem Hostel entfernt lag. Was für eine tolle Empfehlung. Zu dritt hatten wir ein riesiges Haus mit dem Namen "Raccoon", weil nämlich 3 ausgestopfte Waschbären über dem Kamin angebracht waren. Na ja..
Wir machten uns Pizza im Ofen, aßen Bagels und tranken frisch gebrühten Kaffee- danke Pälzer! Am nächsten Morgen gingen wir noch zu dritt durch den steinernen Torbogen, dann allerdings nahm der Pälzer volle Fahrt auf und wollte in seinem eigenen Tempo weitergehen. Es dauerte keine 5 Minuten, da ward er nicht mehr gesehen. Matthias hätte auch den Trailnamen "Bergziege" oder "Ultra" bekommen können. Er ist einfach super fit und wir zu langsam für ihn. Wir wünschen ihm für seinen Thru-Hike alles Gute!
Wir sind dann in unserem Tempo weiter die Berge hochgestapft und hatten mit dem kalten Wind ganz schön zu kämpfen. Aber es wurde im Laufe des Tages noch sonniger und als wir am Nachmittag am Low Gap ankamen, konnten wir an unserem Zelt noch herrliche Sonennstunden genießen. Das kleine Shelter war noch nicht voll besetzt als wir ankamen, aber es standen schon einige Zelte herum und es sollten noch eine Menge mehr werden. 2Tall nutze die Zeit, um unser Tarptent regensicherer zu machen, da wir in der 2. Nacht doch etwas nass wurden. Vielleicht lag es aber auch an dem 10 stündigen Prasselregen... wer weiß?
Leider haben die Bäume noch keine Blätter, der Wald ist somit sehr licht und das macht den Gang in den Busch für die Damen unter uns doch recht schwierig. Auch das Privy war leider sehr weit von unserem Zeltplatz weg und auch schon fast voll... tja, was soll ich sagen, diese Seiten auf dem AT sind eher weniger "comfortable".
Am nächsten Morgen schien wieder die Sonne, der kalte Wind war vorüber und wir konnten ohne Jacke starten. Nach dem ersten Anstieg war es so warm, dass es nur im T-Shirt weiter ging und bei Traumwetter gingen wir einen Traumweg und genossen unseren 6. Tag auf dem AT in vollen Zügen.
Einige bekannte Hiker haben wir überholt und mit ihnen auch ein kurzes Schwätzchen gehalten. Darryl hat inzwischen den Trailnamen "Silver bullet" bekommen, bei seinem grauen Bart und dem ansehnlichen Bauch ein sehr passender Name. Hanna ist "Pockets" getauft worden, weil sie immer mit ihren Händen in den Hosentaschen wandert und Mike bleibt für uns einfach weiter "Golf club".
Um 15.30 Uhr kamen wir im Unicoi Gap an und hielten unsere Daumen raus. Mark wollte nach Hiawassee, ich gerne nach Helen und so stellte sich jeder in "seine" Richtung- dachten wir. Als auf Marks Seite ein Auto anhielt, wollte uns die Familie mit nach Helen nehmen. Kurze Irritation unsererseits, aber dann freute ich mich doch, dass wir ein amerikanisch-bayerisches Dorf kennenlernen durften.
Das Best Western in Helen bietet für Hiker einen Sonderpreis von 50$ an und in einem riesigen Zimmer genossen wir dann unsere Post-Hiking Erholungsstunden.
Nach der Dusche ging es aber erstmal ins Örtchen, um ein geeignetes Restaurant zu finden. Die deutschen Flaggen, deutschen Strassennamen und das Pseudofachwerk an vielen Häusern kamen uns dann aber doch etwas bizarr vor. Wir verzichteten auf Weißwurst und Strudel und wählten stattdessen mexikanisches Essen mit Enchiladas und Guacamole aus.
Nach einem kurzen Einkauf bei Betty's Generalstore und dem Laundromat waren wir froh, wieder in unserem Zimmerchen und der bayerischen Kleinstadtidylle entkommen zu sein. Das waren definitiv zu starke visuelle Reize dort.
Der nächste Morgen brachte zwar ein ganz gutes Frühstück, aber leider kein Glück beim Hitchhiking zurück zum Unicoi Gap. Dann kam zufälligerweise John vorbei, der Shuttles anbietet, und uns für 20$ dann zurück zum AT brachte.
Aus dem Gap mußten wir natürlich erstmal wieder rauskraxeln und das ist mit vollem Frühstückbauch gar nicht so einfach. Wir waren nicht besonders fix, aber der Tag war wieder so wunderbar sonnig und wir genossen es, bis zum Sassafras Gap zu laufen, wo wir ca. 16 Uhr ankamen. Im Laufe des Nachmittags trudelten noch einige Wanderer ein, die ebenfalls diesen schönen Campground für die Nacht wählten.
2Tall hat dann in einer akribischen Stunde das Zelt so präpariert, dass unsere Isomatten nicht mehr so hin- und herrutschen sollten. Mit Gummibamd und unseren Schuhen wurde es eine super Konstruktion, die sich in der Nacht schon sehr bewährte.
Der Abend endete mit Lagerfeuer, einem herrlichen Sonnenuntergang und 3 unterhaltsamen Hikern. Das ist der Trail, wie wir ihn lieben :-)
Die Nacht war so ruhig und entspannt, dass wir bis 7.15 Uhr schlafen konnten und uns dann um 8.45 Uhr auf den Weg machten. Wieder bei schönster Sonne, wieder bergauf...
Nach ca. 6 Meilen erreichten wir Dicks Creek Gap, wo uns nach 20 Minuten unser Shuttle nach Hiawassee abholte. Wir versuchten es diesmal gar nicht erst mit dem Daumen. Wir checkten im Hotel ein, schlugen uns den Bauch im Steak House am "All you can eat" Buffet voll und genossen dann eine heiße Dusche. Dieses Gefühl, frisch gewaschen, in saubere Klamotten zu steigen, ist für jeden Hiker ein absolutes Hochgefühl.
Der nächste Abschnitt bis zum Townstop wird etwas länger werden, wir hoffen aber, nach 3 oder spätestens 4 Tagen dort anzukommen. See you down the trail :-)
(Good Grip, 13.4.2014)