...oder: Ein Boardwalk durch den tasmanischen Busch.
Der Overland Track begann abenteuerlicher als erwartet. Es dauerte sehr lange, bis wir mit Hilfe des Visitorcenters in Hobart überhaupt eine Möglichkeit gefunden hatten, um vom Lake St.Clair zum Cradle Mountain Visitor Center zu kommen (dem Startpunkt des Overland Track). Denn wir wollten unser Auto am Endpunkt (Lake Saint Clair) haben, um nicht noch nach dem 6 Tage Trip noch eine 4-stündige Busfahrt in Kauf nehmen zu müssen. Die Verbindungen per Linienbus sind spärlich und dauern ewig.
Nun denn, der 78-jährige Fahrer unseres Shuttles war bei der sehr kurvenreichen Strecke nicht immer sicher und wir spürten nach der 3-stündigen Fahrt unsere Arme und Beine vom Festkrallen auf dem Sitz und Mitbremsen bis tief ins Bodenblech.
Heile angekommen und nach Angstschweiß riechend, bekamen wir im Cradle Mountain Visitor Center unseren Overland Pass und durften dann endlich mit dem Nationalparkbus in ca.10 Minuten zum Startpunkt des Overland Track fahren. Angekommen, finally, was für eine Anfahrt.
Nach der Registrierung im Logbuch gings mit dem ersten Abschnitt des Tracks auf einem Board Walk los. Da fanden wir das alles noch ganz spannend. Die Holzplanken waren außerdem mit Maschendrahtzaun versehen, so dass jeder Wanderer absolut rutschfest unterwegs sein konnte.
Nach dem ersten Kilometer trafen wir einen jungen Echidna, der sich durch uns überhaupt nicht stören ließ. Morgens im Auto sahen wir schon einen Wombat, das war schon mal ein toller "Wildlife" Start hier in Tasmanien.
Leider wurde es bald ziemlich windig und beim steilen Aufstieg zum Marion's Point waren wir um jede Möglichkeit, uns festzuhalten, sehr dankbar. Der Ausblick über den See und auf den Cradle Mountain war grandios, denn es klarte auf und wir hatten für 5 Minuten mal Sonne und konnten erahnen, was für eine tolle Landschaft wir in den nächsten 6 Tagen erwandern würden.
An der Kitchen Hut (einer Notfallhütte) machten wir ein längere Pause und stießen auf eine Guided Tour, die, genauso dekadent wie in Neuseeland, durch die Landschaft wandert und sich mit einem kleinen Tagesrucksack von Luxushütte zu Luxushütte begleiten läßt, für mehrere tausend Dollar. Die Begleiter schleppen dann ca. 25-30 kg Rucksäcke, wo sich frische Lebensmittel befinden, die sie zum Kochen und Backen nutzen.
Unsere einfache Hütte erreichten wir über einen ca. 1km langen Boardwalk, die natürlich ohne Duschen und aber mit einem Top-Plumpsklo für ca. 30 Leute ausgestattet war. Die "Waterfall Valley Hut" war also eher übersichtlich und bot außer dem Örtchen noch 24 Schlafplätze und nur 12 Sitzplätze an den Tischen.
Wir kamen vor dem heftigen Regen an, aber nach 1 Stunde trudelten diverse, völlig durchweichte Hiker ein, die natürlich alle in der Hütte und nicht im Zelt draußen übernachten wollten. Auf den Bunks wurde es also ölsardinenmäßig eng und ich war froh, dass neben mir eine nette Frau lag, da ich mit ihr einige Male des Nachts in Berührung kam, als ich mich auf meiner Isomatte umdrehte.
Das ist leider ein großer Nachteil auf dem Overland Track und muss hier mal erwähnt werden. Es werden mehr Hiker pro Tag für den Weg zugelassen, als Plätze in den Hütten sind. Das finden wir ziemlich daneben und in der Hochsaison macht es dann einfach nicht soviel Spass mit so vielen Wanderern an einem Ort zu sein.
Am nächsten Tag starteten wir mit einem sehr langen Abschnitt Board Walk. Das war für unsere Füße ermüdend und zusätzlicher Regen und Wind trübten unsere Stimmung ein wenig. Aber es gab noch ein Highlight, denn am Abzweig zu einem See, trafen wir die Guidin der Luxushiker und sie schenkte uns frisch gebackenes Brot, was sie übrig hatte. Das war toll, denn Brot ist absolut nicht tauglich für mehrtägige Wandertouren und wir freuten uns, unsere Riegelmahlzeiten damit etwas "upzugraden".
Die nächste Hütte erreichten wir schon mittags um 12.30 Uhr, und obwohl das Wetter immer noch mäßig war, beschlossen wir, diese Hütte zu überspringen und weitere 17 km zu gehen. Das wurde dann ein langer Tag mit insgesamt 25 km und entsprechend müde kamen wir an der New Pelion Hut an. Das Wetter war immer noch kalt und regnerisch, deswegen suchten wir uns dort ein Etagenbett und schliefen im Großraumabteil mit weiteren 12 Wanderern in einem Zimmer. Leider stellten wir mal wieder fest, dass Türen grundsätzlich geknallt werden müssen und Darmgeräusche mit Vorliebe laut "herausposaunt" werden. Unbelievable!
Aber dann, am nächsten Morgen, an meinem Geburtstag, schien tatsächlich die Sonne, es war warm und die Geräusch-und Geruchskulisse der letzten Nacht war fast vergessen. Was für ein Geburtstagsgeschenk! Wir konnten in kurzen Sachen aufbrechen und nach einem kühlen Abschnitt im Wald, kamen wir schon ans Gap, wo es zwei Möglichkeiten gab, um hochzukraxeln. Auf der einen Seite der Mount Ossa, der höchste Berg Tasmaniens mit 1617m und auf der anderen Seite der steile, herausragende East Pelion mit 1433m. Wir entschieden uns für den Pelion und nach einem anstrengenden, etwas heftigen Aufstieg mit vollem Körpereinsatz, gabs einen grandiosen Blick auf Mount Ossa und die umliegende Landschaft. Das Hochklettern machten wir nur mit einem Tagesrucksack. Im Gap gabs nämlich eine Holzplattform, wo wir die großen Rucksäcke abstellen konnten. Allerdings mußten wir sie mit den Ponchos gut einpacken, denn es gibt in dem Nationalpark dohlenartige Vögel, die gelernt haben, Reißverschlüsse und Schlaufen zu öffnen, um an das Essen zu kommen.
Nach diesem tollen Gipfelsturm ging es, natürlich auf Boardwalk, weiter zur Kia Ora Hut. Dort konnten wir dann endlich bei dem guten Wetter zelten und die Plattformen waren sogar mit Haken ausgestattet, so dass wir unser kleines Zelt sicher befestigen konnten. Das war ein toller Geburtstag und Landschaft und Sonne machten es zu einem unvergesslichen Tag für mich.
Am nächsten Morgen war der Himmel erneut wolkenlos und es dauerte nicht lange, bis der Ranger uns informierte, dass Waldbrandgefahr bestände und wir unbedingt, auch wenn wir zelten würden, in der Hütte kochen müssten. Die Sonne brannte enorm und wir konnten uns gut vorstellen, dass ein kleiner Funke ausreichen würde, um die trockenen Eucalyptusbäume zu entzünden.
Der Weg bis zum Abzweig ins Pine Valley zog sich und wir hatten mit der Hitze ganz schön zu kämpfen. Glücklicherweise gabs auf dem Weg noch eine Hütte, wo wir unsere Flaschen am Regenwassertank auffüllen konnten.
Der Abstecher zur Pine Valley Hut wurde uns fast zuviel, aber irgendwann gabs wieder Boardwalk und das war ein sicherer Hinweis fürs baldige Ankommen. Die Mücken waren in diesem idyllischen Tal zahlreich und selbst lange Hosen und Pullover konnten sie locker durchstechen. Ausser uns war noch eine Deutsche in diesem Tal, die wir schon in den vorherigen Hütten getroffen hatten, ansonsten blieb es ruhig und wir genossen die Gegend und das leise Summen der Insekten...
In der Nacht kam noch ein Possum vorbei, um nach Futter zu suchen, aber wir hatten alles in der Hütte possum- und mäusesicher aufgehängt, weil wir schon von anderen Wanderern gewarnt wurden.
Am nächsten Tag mußten wir leider denselben Weg weg wieder zurückwandern, aber die Perspektive hatte sich ja geändert und so genossen wir es trotzdem über Hängebrücken und, klar, Boardwalks zu gehen. Uns kamen diverse Leute entgegen und wir waren so froh, dass wir die letzte Nacht fast allein im Pine Valley verbracht hatten.
Die nachfolgende Hütte nutzten wir für eine Rast und zum Auffüllen unserer Wasserflaschen, denn es war wieder sehr heiß und selbst der aufkommende warme Wind war nicht wirklich eine Kühlung. Aber es ging durch schöne Waldabschnitte am Lake Saint Clair entlang und zwischendurch konnten wir immer mal wieder die Wellen betrachten, die sich aufgrund des starken Windes auftürmten. Unser Zelt stellten wir dann an der Echo Point Hut auf, die nur 4 Schlafplätze und leider gar keine Zeltplattformen hatte. Aber dafür gabs ein fast brandneues Plumpsklo und mit uns übernachteten dort noch 5 andere Hiker, 5 von den 7 Menschen kamen übrigens aus Deutschland. The Germans are everywhere :-)
Nachdem die Zelte aufgebaut, das Wasser aus dem Flüsschen geholt und das Abendmenue gekocht wurde, kam Rauch auf und innerhalb kürzester Zeit roch das gesamte Tal nach Feuer. Bei den hohen Temperaturen und dem starken Wind hatte sich wohl doch ein Buschfeuer entwickelt und wir hofften, dass wir am See sicher waren. An der Hütte gabs auch einen Bootssteeg und bei Bedarf würde uns sicher jemand abholen, hofften wir...
Am nächsten Morgen hatte sich der Rauch verzogen und wir starteten zu unserer letzten Etappe am See bis zum Visitorcenter, wo ja auch unser kleines Auto stand. Der letzte Tag wäre fast perfekt gewesen, wenn wir nicht kurz vor dem Visitorcenter noch einen Umweg von knapp 20 Minuten auf Boardwalk machen mußten, wegen eines "dangerous trees", oh man, über den hätten wir voraussichtlich einfach drüber steigen können. Das war absurd.
Im Visitorcenter angekommen, trugen wir uns aus dem Logbuch aus und gönnten uns in der angrenzenden Lodge erstmal etwas Richtiges zu essen und ein kühles Getränk, bevor wir mit dem Auto den Nationalpark verließen (auf dem Weg nach Strahan fuhren wir dann übrigens durch das Gebiet mit dem Buschfeuer und es qualmte noch an diversen Stellen auf den Hügeln).
Fazit nach dem Overland Track: für 200 Dollar pro Person haben wir 'ne Menge Holz unter den Füßen gehabt, die Landschaft ist beeindruckend, aber von den Huts und der Orga können sich die Aussis von den Kiwis echt noch einiges abgucken.
(Good Grip, 30.1.2014)