Unser letzter Great Walk hier auf der Südinsel Neuseelands.
Er begann mit viel Wasser von oben und von unten. Schon auf der Fahrt zum Trailhead sahen wir diverse Wasserfälle und so startete auch der Track für uns, es prasselte nämlich erheblich und in voller Montur überquerten wir die erste von mindestens 10 weiteren Brücken auf unserem Weg zur Routeburn Falls Hut.
Die Flüsse hatten alle eine mächtige Strömung und die dicken Felsen und Baumstämme wirbelten die Wassermassen kräftig auf.
Der Weg war gut geschottert und mit uns waren noch einige andere Wanderer unterwegs. Die größere Zahl an Menschen kam uns allerdings entgegen und wir fragten uns, warum so viele Leute den Weg anders herum gingen? Aber wahrscheinlich waren das geführte Gruppen, die aus den noblen Lodges kamen. Neben den Huts gibt es hier nämlich schicke Unterkünfte, die eher wie Konferenzzentren aussehen. Bei den geführten Touren gibts natürlich Guides, aber wohl auch Gepäck- und Essenstransport mit dem Hubschrauber, sehr bizarr.
Mittagspause machten wir an der Routeburn Flats Hut, ein bißchen ab von unserem Weg. Es regnete immer noch wie aus Kübeln und wir waren froh, dass die Hütte ein großes Vordach hatte, wo wir trocken sitzen konnten und an unseren Crackern und Müsliriegeln nagen konnten.
Gebucht hatten wir in der Routeburn Falls Hut. Bis dahin mussten wir noch einiges hochkraxeln, aber glücklicherweise hörte es etwas auf zu regnen und wir konnten auf schneebedeckte Gipfel und in tolle Täler blicken. Die Hut war ganz ok, es waren mit uns noch 46 andere dort, aber dank der Anordnung der Bunk Beds hatten wir fast ein wenig Privatsphäre, den die vier Schlafplätze waren mit dünnen Spanplatten von den anderen abgetrennt.
Wir waren trotz des Prasselregens nicht komplett durchgeweicht, aber die meisten versuchten Schuhe, Rucksäcke und Klamotten am kleinen Öfchen in der Gemeinschaftsküche zu trocknen. Ein sinnloses Unterfangen, denn der kleine Ofen bekam den Raum noch nicht mal wirklich warm und die Sachen tropften teilweise noch erheblich. In Neuseeland braucht man beim Wandern sehr gute Regenklamotten, ein Tipp von "Betroffenen".
Es war in der Nacht trotz der vielen Menschen erstaunlich ruhig, so dass wir gut schlafen konnten. Der Warden war etwas strange, aber es können ja nicht alle so witzig sein wie Peter Jackson aus der Luxmore Hut auf dem Kepler Track, der hieß übrigens wirklich so...
Die Wettervorhersage hörte sich für die nächsten Tage übel an (rain, rain, rain and some showers...) und wir hofften, dass sie, wie fast alle Vorhersagen vom DOC, nicht stimmte. Als wir aber am nächsten Morgen aufwachten, sahen wir, dass es geschneit hatte und es sogar noch immer schneegrieselte. Die Bergspitzen um uns herum sahen aus, als hätte sie jemand mit Puderzucker bestäubt. Damit hatte der Warden also recht, dass die Schneefallgrenze auf ca.1000m absinken sollte. Aber immerhin gabs Schnee und keinen Dauerregen, das fühlte sich gleich etwas besser an und als wir gegen 9.45 Uhr loskamen, gabs sogar zwischendurch mal blauen Himmel und die Blicke wurden bei jeder Wegbiegung immer spektakulärer.
Bis zum Harris Saddle mußten wir etwas bergauf wandern, aber die Strecke war gut zu bewältigen, so dass wir nicht völlig fertig am Not-Shelter ankamen. Dort saß schon eine große Gruppe Japanerinnen, die alle eine Top-Ausrüstung am Leib hatten. Wahrscheinlich für diesen Trip extra gekauft? Der Laden, der das Glück hatte, diesen Damen die Klamotten zu verkaufen, hat sicherlich sein Jahreseinkommen in einer Stunde verdoppeln können.
Ab dem Harris Saddle ging es fast nur noch bergab und wir überholten immer mal wieder eine Familie mit einer vorwitzigen jungen Dame, die mit ihren ca. 8 Jahren sehr offen und kontaktfreudig war. Die kleine war tough, schleppte ihren eigenen, relativ schweren Rucksack und plapperte in einer Tour. Irgendwann wurde ihr dann von ihrer Mutter versprochen, dass sie Lollies bekommen würde, wenn wir sie nicht mehr überholen würden. Da 2Tall an diesem Tag Extremsport mit seinem Zeigefinger und ungefähr 500 Fotos machte, hatte die Kleine ihren Triumph und kam vor uns an er Mackenzie Hut an. Sie war darauf extrem stolz.
Die Hut konnten wir irgendwann von einem Bergkamm schon von oben sehen, sie lag an einem glasklaren See, in dem diverse größere und kleinere Felsen lagen. Dieses klare Wasser gibts wohl nur in Neuseeland, unfassbar. Auch die Mackenzie Hut war komplett ausgebucht, aber wir fanden im Bunkroom im Nebengebäude eine Matratze und richteten uns dort ein. Übliches Prozedere beim Ankommen in der Hut: Schlafsack ausrollen, was Warmes anziehen, Tee kochen und den Futterbeutel plündern. Mich überkommt dann irgendwann ein unsägliches Hungergefühl, was ich meistens mit 2Talls Trailmix stillen darf, danke!
Beim Abemdessen saßen wir dann neben der Familie und sie fragten 2Tall, was er denn mit den vielen Fotos machen würde. Sie schlugen ihm vor, ein Buch zu gestalten. Die Mutter hatte auch eins veröffentlicht ("Tramping with Children") und die Tochter zeigte es uns sofort, sichtlich stolz auf ihre Mama. Tolles Projekt, gelungene Umsetzung, ich fands toll.
Die letzten Kilometer auf dem Routeburn Track verliefen bald im Wald, gemächlich bergab zur Howden Hut, wo wir einen kurzen Stop am See einlegten. Aber Sandflies und eine "guided group" machten das Plätzchen nicht unbedingt gemütlicher, so dass wir bald aufbrachen, um auf dem Greenstone Track weiterzugehen. Der Weg schlängelte sich am See im Wald entlang und wir waren ganz begeistert von der Atmosphäre. Die Fische konnten wir im See springen sehen und kaum andere Wanderer waren unterwegs, sehr idyllisch.
Die Hütte war allerdings schon fast voll als wir ankamen, was uns etwas irritierte, hatten wir doch gehofft, dass es so einsam bleiben würde. Wir bekamen wohl die vorletzten Plätze, denn die nächsten Wanderer, die eintrafen, mußten auf dem Boden oder sogar auf der überdachten Veranda schlafen. Ferienzeit in Neuseeland... Ein sehr gewissenhafter Warden kontrollierte beim Abendessen die Huttickts und hatte für jeden noch ein persönliches Wort, so nice!
Königsetappe auf diesem Trip war für uns eindeutig der nächste Tag, mit seinen 18km. Es war der längste und auch abwechslungsreichste Tag dieser Tour. Bei Sonne und endlich mal wieder in kurzen Hosen begannen wir unsere Wanderung um 9.15 Uhr. Es ging im Wald am Flüsschen entlang und teilweise wars ein Wurzelweg wie in Maine auf dem AT. Bald aber öffnete sich der Wald und wir konnten das Tal überblicken. Da wir hier auf Privatgrund und Farmland wanderten, dauerte es nicht lange, und wir begegneten einigen Kühen, die von uns Wanderern doch etwas irritert waren. Die Mütter mit ihren Kälbern beobachteten uns sehr genau, und entspannten sich erst wieder, als sich die Distanz zwischen ihnen und uns vergrößerte.
Mit kräftigem Rückenwind gings weiter durchsTal, immer am naheliegenden, türkisen Flüsschen entlang. Irgendwann mußten wir dann einen Nebenfluß überqueren, mithilfe einer sehr schmalen Swingbridge. Die durfte auch nur von einer Person überquert werden, denn sie bewegte sich heftig hoch über dem Fluss, ich möchte schon sagen, es hatte was schluchtartiges... Ich fands sehr wackelig und beim Runterschauen wurde mir etwas flau, als ich den reißenden Strom durch das Drahtgitter sah. Aber leider brauchte ich auch den Blick auf meine Füße, denn nur dann sah ich die Metallstreben, die irgendwie stabiler wirkten, als das dünne Drahtzeug dazwischen. Uff, irgendwann wars überstanden und Atmung und Herzschlag konnten sich auf festem Boden wieder beruhigen.
Bis zur Greenstone Hut warens noch ca. 1,5 Stunden, die wir dann gegen 15.30 Uhr erreichten. Wir fanden einen Platz in dem einen Bunkroom, der sich aber später doch leider als sehr laut herausstellte. Schade, dass manche Menschen überhaupt kein Gespür für Lautstärke oder Geräusche haben. Das haben wir auch in den anderen Huts gemerkt, dass die Türen grundsätzlich zugeknallt werden, vom oberen Bunkbett gesprungen wird oder dass man sich in einer Lautstärke unterhält, die durch mehrere Wände zu hören ist. Wahrscheinlich sind wir auch etwas hypersensibel, aber auffällig wars schon und wir entsprechend genervt.
Leider ging die Hut-Kakophonie am nächsten Morgen um 6.30 Uhr weiter, denn viele wollten rechtzeitig am Carpark sein, um den Bus zurück nach Glenorchy bzw. Queenstown zu erwischen. Wir hatten ja einen Transfer mit der Kinloch Lodge organisiert und hätten eigentlich ausschlafen können... Um 8.45 Uhr waren wir auf der Piste, mal wieder mit Poncho bei Regenwetter. Der Weg ging durch Wald und an Wasserfällen vorbei, was ein wirklich schöner Abschluß dieses "Doppeltracks" war. Gegen 13 Uhr waren wir am Carpark und hatten leider keinen Handyempfang, um einen früheren Abholtermin zu vereinbaren. Aber glücklicherweise kam gerade eine DOC Rangerin, die wir um einen Lift zur 12 km entfernten Kinloch Lodge baten. Super, everything works out, somehow ;-)
Fazit des letzten Great Walks: eine super Landschaft mit spektakulären Bergen, für alle, die es gerne einsamer mögen, empfehlen wir eine Wanderung im Februar, wenn keine Ferien sind!
Jetzt sind es noch 4 Tage, die wir hier in Neuseeland verbringen werden, bevor es über Sydney nach Tasmanien geht. Wir sind sehr gespannt und werden berichten.
(Good Grip, 18.1.2014)