In Te Anau sollte unser vorletzter Great Walk beginnen, der Kepler Track, der 1988 entstand, um den stark überlaufenden Milford Track zu entlasten.
Es wird empfohlen, den Track in 3-4 Tagen zu machen. Es gibt hier aber auch einen verrückten Lauf, jedes Jahr Anfang Dezember, bei dem diverse Menschen diese 60km in einem Tag rennend bewältigen. 2013 hat ein Australier diesen Lauf gewonnen in einer Zeit von 4 Stunden 20 Minuten- keine weiteren Fragen, oder?
Unsere Ankunft in Te Anau war alles andere als freundlich, es schüttete und von den Bergen war wegen der tief hängenden Wolken nichts zu sehen. Die sehr gute Pizza in der Stadt hob unsere Stimmung ein wenig, und wir hofften sehr, dass sich das Wetter wenigstens noch ein bißchen verbessern würde.
Der Parkplatz direkt am See und am Einstieg des Wanderweges war schon gut gefüllt, als wir ankamen, und mit uns starteten diverse andere Familien, Gruppen und einzelne Wanderer.
Der Weg schlängelte sich zuerst ganz gemächlich am See entlang und schon nach einer Stunde kamen wir am Campground an, wo wir eine kleine Pause einlegten. Es wäre ganz schön geworden, denn das Wetter war zwar bedeckt, aber trocken, die Picknickplätze direkt am See und wir fast allein... aber eben nur fast, die 428 Sandflies, die sich sofort auf uns stürzten und unser verschimmeltes "Hasenbrot" trübten die Stimmung sehr. Also gut, ohne Brot und mit diversen Stichen an Händen und Stirn gingen wir den Aufstieg mit seinen knapp 1000 Höhenmetern in Richtung Luxmore Hut an.
Auf dem steilen Weg trafen wir immer mal wieder eine Frau, die nur einen kleinen Tagesrucksack dabei hatte. 2Tall vermutete, dass sie vielleicht die vielen Fallen am Wegesrand kontrollieren würde (alle 300-400m stehen Marder- bzw. Rattenfallen am Wegesrand, um die heimischen Singvögel zu schützen). Irgendwann habe ich sie dann gefragt, ob sie nur für einen Tag auf dem Track wäre und tatsächlich wollte sie die 14,5km rauf und wieder runter in einem Tag schaffen, weil sie mit ihrem Mann gewettet hat. Er hätte nämlich behauptet, dass sie das nicht schaffen würde... oh man, wir dachten, wir hören nicht recht. Ich fands ja irgendwie bewundernswert, dass sie es versuchen wollte, aber bei den Bedingungen, untrainiert und etwas übergewichtig wie sie war, kann das auch ganz schön gefährlich werden. Nicht umsonst warnen die Ranger hier vor Hypothermie, Entkräftung und dem unsicheren Wetter in den Bergen.
Wir sind dann in ca. 4 Stunden den Berg hochgekraxelt und waren überrascht, dass wir so schnell waren. Die Zeitangaben auf den DOC- Schildern stimmten überhaupt nicht, aber gut, wir hatten von der Luxmore Hut einen sensationellen Ausblick auf den Fjord und waren froh, dass wir trocken ankamen. Was für ein genialer Standort für eine Hütte.
Als wir in die Hut gingen, kam uns die einzelne Wanderin entgegen, sie hatte es rauf geschafft und wir hofften, dass sie heile unten wieder ankäme, einen Gruß an ihren Mann konnte ich mir zum Abschied nicht verkneifen...
Die Luxmore Hut kann 55 Personen beherbergen und es war wohl komplett ausgebucht bei den Massen an Menschen. Was für ein Getümmel im Haus, wir machten uns erstmal einen Kaffee und ruhten uns etwas aus, bevor wir die naheliegende Höhle besichtigen wollten. Ein kurzer Weg von 10 Minuten brachte uns zu einem verwunschenen Ort mit einem glasklaren Bächlein, Stalagmiten und Stalagtiten (tja, wer hängt jetzt an der Decke und wer wächst quasi vom Boden nach oben... na?) Wir hatten das Glück, die Höhle ganz allein erkunden zu dürfen und es war toll anzusehen, was die Natur so "bauen" kann.
Die Nacht wurde mit den vielen Menschen in einem Raum recht unruhig, auch die verschwitzten Klamotten und die ungewaschenen Körper machten das Raumklima nicht unbedingt besser, aber bis 8.30 Uhr hielten wir es auf unseren Matratzen aus. Der Weg bis zur nächsten Hütte sollte zwar nicht mehr so steil und lang werden, aber die Herausforderung an diesem Tag war der permanente Prasselregen, der schon in der Nacht begann. Da half nur Regenhose, Jacke und Poncho anzuziehen und zu hoffen, dass die Ausrüstung einigermaßen hielt. Das kalte Wetter war eigentlich nur auszuhalten, wenn wir in Bewegung waren, ok, zu gucken gabs wegen der Wolken eh nix, so dass wir gut voran kamen. Die kurzen Pausen an den Notsheltern (bei Gewitter, Schnee oder Lawinengefahr) waren auch nicht unbedingt erholsam, weil sich ca. 15 nasse Menschen in einen nassen Schuppen quetschten und sich mit ihren Rucksäcken beim Umdrehen anrempelten... ne, ne, das war irgendwie auch nix.
2Tall hatte mir ja schon vor dem Beginn erzählt, dass er für die zweite Nacht einen Campground gebucht hatte. Auf dem Weg wurde mir immer klarer, dass das wohl kein Spaß bei dem Wetter werden würde. Vielleicht würden wir in der Hut nach einem Upgrade fragen, manchmal klappt das, wenn es nicht zu voll ist. Wir kamen am späten Nachmittag an der Hut an, wo schon Unmengen von Regenjacken, quatschnassen Schuhen und Regenhosen hingen. Die Hut war recht voll, aber um ein wenig zu trocknen und uns aufzuwärmen, machten ich uns etwas Warmes zu trinken, während Mark sich die Campsite ansah, die etwas abseits lag. Es gab dort ein Cooking Shelter, immerhin und eine abgemähte Wiese. Soweit, so gut, allerdings kamen noch 3265 Sandflies und der permanente Regen dazu. Ich war nur mäßig begeistert, aber Mark wollte gerne ins Zelt und so entschieden wir dann, unser kleines Tarptent einer weiteren großen Prüfung zu unterziehen. Es waren noch einige andere Leute da, die ihr Zelt aufstellten und gemeinsam unterhielten wir uns dann über das Wetter, den Wetterbericht und die Aussichten für den nächsten Tag.
Die Nacht war unfassbar nass, aber wir waren wohl die Einzigen, die morgens fast trocken aus dem Zelt stiegen. Klar hatten wir Kondensationsfeuchtigkeit an der Zeltinnenseite, weil leider kein Lüftchen wehte, aber ansonsten waren wir trocken und warm. Die anderen Camper berichteten, dass ihre komplette Ausrüstung durchweicht wäre und die Gesichter waren entsprechend "verquollen".
Wir bauten schnell alles ab, packten ein und frühstückten, um los zu kommen, um irgendwie warm zu werden. Der Weg ging durch Wald und das große Tal zwischen den Bergen am "Big Slip" vorbei, der 1984 nach starken Regenfällen im Januar abrutschte... so, so, im Januar!
Irgendwann konnten wir tatsächlich die Ponchos ausziehen, denn das Wetter wurde besser. Auf der Hälfte der Etappe gabs nochmal ein Shelter, wo wir eine Pause machten. Bis zur Hut ging es durch Farngebiete und schöne Wälder, irgendwann kamen wir zum See, wo es auch einen Strand gab. Die Sonne schien, der Wind wehte, beste Bedingungen fürs Trocknen der Ausrüstung. Wir haben das Zelt aufgestellt, die Ponchos in den Baum gehängt und unsere Klamotten ausgelegt. Perfekt. Ausgeruht und trocken kamen wir dann in der Hut an, wo schon diverse Menschen waren und ihre Klamotten draußen zum Trocknen aufgereiht hatten, die Hut wurde dadurch sehr farbenfroh und es sah lustig aus, wieviele Wäschestücke im Wind tanzten.
Der letzte Abschnitt des Keplers wurde nochmal richtig schön, weil wir lange am Fluss durch einen tollen Wald wanderten. Die meisten Wanderer gehen dieses letzte Stück nicht mehr, lassen sich früher von einem Carpark abholen, so dass wir die meiste Zeit allein gingen.
Schon um 13 Uhr waren wir zurück an unserem Auto und waren von dem erlebnisreichen Track sehr begeistert, unbedingt zu empfehlen, ein weiteres Must-Do auf der Südinsel Neuseelands.
(Good Grip, 11.1.2014)