Vorbemerkung: Dies ist quasi eine "Notausgabe" unseres Blogeintrags, weil es hier in Dwellingup keinen Internetzugang für uns gibt. Wir haben nur einen sauteuren Tarif, mit dem wir lediglich diesen Text und 3 Bilder hochladen können, die restlichen Bilder folgen dann nächste Woche, wenn wir in Collie sind. Tja, weniger als 100km südlich von Perth finden es die Einheimischen völlig normal, dass es für die Touristen kein Internet gibt - willkommen im Outback!
Nachdem wir ja die erste Nacht noch im Luxus geschwelgt haben, und uns das Mundaring Hotel gegönnt hatten, ging es am zweiten Tag mit 22 km schon ordentlich zur Sache. Mittags haben wir bei schönster Sonne und einem super Blick am Helena Shelter mit einem Australier lange gequatscht, der für einige Jahre in Soltau gelebt hat und deswegen perfekt deutsch konnte. A small world, isn't it?
Kevin hatte uns schon von dem jungen Pärchen erzählt, was etwas vor uns war und was wir dann am Waalegh Shelter auch getroffen haben. Das Bemerkenswerte an den beiden, sie sind extrem gut ausgestattet, haben alles Erdenkliche in ihren riesigen Rucksäcken und schleppen daher auch 35 bzw. 25 kg mit sich herum...der Wahnsinn. Sie sahen auch etwas unglücklich aus und in Dwellingup, dem nächst größeren Ort auf dem Track, planen sie, diverse Sachen nach Hause zu schicken - good for you :-) Wir hatten uns noch am Abend ganz begeistert die funkelnden Sterne angesehen, als mitten in der Nacht das absolute Wetterchaos losbrach. Von Ute bekamen wir noch per SMS die Nachricht, dass eine Kaltfront auf uns zu kommt, dass diese aber Windgeschwindigkeiten bis zu 150kmh und eine Menge Regen mitbrachte, merkten wir, als die Tropfen quer ins Shelter auf unsere Isomatten und Schlafsäcke fielen!
Wir zogen also kurzerhand um und belegten die obere Etage im Shelter, die zum Glück noch frei war. Was ein Wetter, norddeutsche Herbststürme sind ja nix dagegen :-) Wir sind dann morgens aber trotzdem um 9.30 Uhr los, weil wir uns nicht vorstellen konnten, den ganzen Tag am Shelter zu bleiben und zu frieren. Das ist das Gute beim Wandern, es wird dir nie kalt, es sei denn, du machst eine kurzen Pause... sonniges Australien eben.
Der Tag mit Mount Dale sollte ein paar Höhenmeter bringen, aber uns erscheint dieser Weg jetzt recht harmlos. Wir sind aus Maine andere Sachen gewöhnt, aber wir genießen diesen Weg sehr. Denn es kann so schön sein, nebeneinander durch die Landschaft zu gehen und dabei mal Kängurus und Papageien zu beobachten.
Bis zu unserem Shelter waren es ca. 20km, die wir bis 16.30 Uhr hinter uns gebracht hatten. Daran kann man sehen, wie flach es hier ist, auf dem AT hätten wir wahrscheinlich die Hälfte der Kilometer in der doppelten Zeit gemacht :-) Das Shelter war schon mit zwei Jungs belegt, die in zwei Tagen End-to-Enders (auf dem AT als Thru-Hiker bekannt)sein werden. Sie sind in Albany gestartet und werden in zwei Tagen Kalamunda erreichen, dann haben sie knapp 1000km gemacht- herzlichen Glückwunsch!
Die Nacht war wieder extrem windig und regnerisch, was wir bei dem Aluminiumdach direkt über uns gut hören konnten. An Schlaf ist dabei nämlich nicht unbedingt zu denken, was für ein Getöse.Schon um kurz nach 8 waren wir unterwegs, mal wieder voll ausgestattet mit Poncho und Gamaschen. Der Regen wollte irgendwie nicht nachlassen, aber so what, der Weg ist super und wir genießen das jetzt, so, basta!
Die knapp 20 km hatten wir um 14.30 Uhr hinter uns gebracht und belegten das leere Shelter komplett mit unseren Klamotten. Hinter dem Plumpsklo saß ein Känguru, was aber in einem irrsinnigen Tempo weghüpfte, als ich in die Nähe kam.
Bald danach kamen schon Boots und Noddy, mit denen wir hier quasi die ersten Tage den Bibbulmun gehen. Das Wetter wurde ein wenig besser und die Temperaturen stiegen leicht. Aber nachts ging mal wieder mit Sturm und Regen die Post ab. Trotz einer gewissen Wandermüdigkeit, ist dann an Schlaf einfach nicht zu denken. Außerdem haben wir uns auch noch nicht so recht wieder an die Isomatten und Luftkopfkissen gewöhnt... *seufz*... wir haben Sorgen,was?
Der Tag brachte wieder viel Regen und auch mal Sonne, so dass wir uns immer wieder zwischendurch trocknen lassen konnten. Leider haben wir kaum Wildlife gesehen, aber denen ist wahrscheinlich auch einfach zu kalt. Als wir um 13.30 Uhr am Monadnocks Shelter ankamen, erwartete uns ein Typ, der wohl hier in der Gegend den Track etwas pflegt. Nicht, dass er sehr gesprächig war, aber irgendwie wollte er auch nicht gehen. Wir waren etwas verunsichert wegen dieses sehr introvertierten Aussis, aber nun gut, vielleicht trifft er einfach auch nicht so oft Menschen hier in der Wildnis. Und wenn, sinds Hiker, die ja auch manchmal etwas eigen sind.
Neben Boots und Noddy kam noch eine andere Wanderin ins Shelter, die aber so gar keine Anstalten machte, mit uns ein paar Worte zu wechseln. Komisch. Wir hatten für den Tag ca. 25km und drei Berge vor uns, so dass wir auch recht bald unterwegs waren. Wir hatten tolle Aussichten und bizarre Felsformationen, aber Mount Cooke war definitiv der Schönste von den drei Erhebungen. Endlich hatten wir auch mal Sonne und mußten nicht ständig die Ponchos aus und wieder anziehen. Am Ende wurde der Weg dann ein wenig eintönig, aber als wir am Shelter ankamen, waren wir kaputt und glücklich, dass wir die 25 km geschafft hatten.
Das Shelter war von einem Section-Hiker schon occupiert, aber er war ganz zutraulich und wir haben erfahren, dass er sein Wasser mit seinem Halstuch filtert...hmm, naja, eine mögliche Methode, aber wohl nicht unbedingt die beste Wahl. In der Nacht wurde es extrem kalt und wir hatten das Gefühl, dass es mit den Temperaturen bis an den Gefrierpunkt ging. Nur mal so zum reinhören, was wir uns nachts anziehen, damit wir nicht komplett erfrieren: lange Unterhose, lange Hose, zwei Paar Socken, T-Shirt, Langarmshirt, Fleece, Windjacke, Mütze und Handschuhe. Dann steigen wir in den Schlafsack und verhüllen unser Gesicht, denn ansonsten friert einem noch der Riechkolben ab. Das ist der Frühling in West Australien. Normal? Nein, denn inzwischen haben wir erfahren, dass es wohl ein außergewöhnlich nasser und kalter Frühling hier im Westen sei.
Der nächste Tag brachte beste Aussichten, denn Ziel unserer heutigen Etappe war das Shelter ganz in der Nähe des Roadhouses am Highway.Dort hatten wir vor genau einer Woche unseren Food-Drop abgegeben und wenn alles klappen würde, wären wir rechtzeizig dort, um auch noch die Burger-Situation abzuchecken. Pünktlich zum Lunch saßen wir vor unsern vollen Tellern, neben uns unsere Futtertüten und in der Steckdose unsere Tablets zum Aufladen. Perfekt!
Zurück am Shelter war dann leider der Krach vom Highway sehr zu hören und die schöne Lage des tollen Shelters war etwas dahin, aber wir hatten trotz einiger "Holzarbeiter" in der Nacht und frecher Krähen am Morgen einige erholsame Stunden. Der Bibbulmun Track ist um diese Zeit wohl noch nicht so frequentiert, denn wir treffen kaum andere Hiker und sind tagsüber völlig allein. Das ist auf der einen Seite ganz schön, aber die erste Nacht allein am Shelter war schon etwas unheimlich. Besonders wenn frau nachts mal pieseln muss... Inzwischen haben hier in Western Australia aber die Frühjahrsferien begonnen, vielleicht wirds dann doch noch etwas belebter auf dem Track. Der Wandertag sollte uns erst mal über den viel befahrenen Highway und dann ewig lang an einem Privatgelände mit Zaun führen. Das war erst ein wenig eintönig, aber als wir dieses passiert hatten, sind wir einen Hügel mit wunderbar duftenden Blumen herauf gestiegen. Oben hatten wir dann einen tollen Blick und der etwas holprige Beginn war bald vergessen.
Wir hatten einen Weg von ca. 18km vor uns und kurz vor dem Shelter erblickten wir noch ein scheues Känguru. Am White Horse Shelter waren wir dann mal wieder allein. Leider wurde es bald wieder sehr frisch und wir konnten es gar nicht so recht genießen, dass wir so früh am Shelter waren. Zum Glück war die Nacht nicht so eisig, denn der Himmel war etwas bewölkt und die Temperaturen fielen nicht ins bodenlose.
Die weiteren Tage waren von den Kilometern sehr übersichtlich. Zweimal 15 und dann 19km nach Dwellingup. Am Mount Wells hatten wir eine kleine Hut anstelle eines Shelters. Diese einfache Schutzhütte konnte uns den heftigen Wind etwas fernhalten, aber leider waren noch andere Hiker da, die während der Nacht heftig schnarchten. Morgens wollte es dann keiner gewesen sein, aber die Einzige, die dabei nicht schlafen konnte, war Good Grip.
Am nächsten Tag wars nebelig und regnerisch und der Abstieg vom Mount Wells entsprechend etwas trostlos. Wir waren beide nicht so jot drup und dieser langer Abschnitt (insgesamt 10 Tage) auf dem Track ist jetzt vielleicht einfach etwas zuviel. Wir sehnen uns sehr nach einer Dusche, einem Bett und einer Nacht ohne Gänsehaut. Die letzten 19km zum Ort Dwellingup begannen nach dem Shelter mit wunderbaren Pfaden und einem strahlend blauen Himmel. Leider hörten wir schon bald alle Zivilisationsgeräusche, die wir so gar nicht vermisst haben: Rasenmäher, Baumaschinen, Sägen und bald auch die historische Dampflok von Dwellingup.
Der sehr übersichtliche Ort war schnell erkundet und unser Hotel mit Pub gefunden. Wir bekamen mit den Schlüssel jeder eine Tüte mit zwei Toastscheiben überreicht. Unsere Blicke waren filmreif, aber nach mehrmaligem Nachfragen haben wir dann verstanden, dass der Rest vom continental breakfast wohl auf dem Zimmer sei. Ahh, ja...und WiFi? 'Nein, leider nicht für die Hotalgäste, fragen Sie doch mal bei der Touristinformation." Leider hat die Info Montags und Dienstags geschlossen. Nun gut, Dwellingup könnte in Sachen "Kunden- bzw. Hikerfreundlichkeit" noch einiges verbessern. (In Sachen Einkaufsmöglichkeiten übrigens auch...) Wir hoffen mal darauf, dass wir im nächsten Townstop in einer Woche wieder "richtigen" Internetzugang haben und euch dann auch die vielen anderen Bilder vom Track zeigen können.
(Good Grip, 1.10.2013)