Radwanderung:
2. Von Ostfriesland zur Elbe
In Jackstede genießen wir in unserer Pension mit dem Deluxe-Zimmer ein reichhaltiges Frühstück und dürfen uns sogar noch etwas für den Weg mitnehmen. Das ist großzügig, und wir merken auf dem Rad einen gewissen Unterschied in der Sattheit, verglichen mit dem Hikerfrühstück auf dem Trail: Haferflocken mit warmem Wasser halten dann doch nicht ganz so lange vor. Ist aber trotzdem lecker, auch wenn es sich nicht so anhört.
Unsere ersten Kilometer hinter Jackstede werden von extremen Geräuschen untermalt, und Kindheitserinnerungen werden auch bei Mark wach. Wie oft haben wir uns früher im Garten die Ohren wegen der unerträglichen Lautstärke der Düsenjäger zuhalten müssen! Hier dürfen diese Dinger also noch fliegen, es gibt einen Fliegerhorst und Mark sieht auch einige wilde Flugmannöver. Die Anwohner*innen sind hier doch total gekniffen. Wir sind froh, diesen Ort verlassen zu dürfen und nicht hier zu wohnen zu müssen.
In Friedeburg versuchen wir mal wieder einen Corona-Test zu bekommen, was aber eigentlich nur mit Termin geht. Unser bittender Blick und die Tatsache, dass wir mit dem Rad unterwegs sind, stimmt die Dame in Plastik um, und wir erhalten unseren Schnelltest.
Auf dem weiteren Weg entdecken wir kleine Wälle zwischen den Feldern, was die Landschaft deutlich abwechlungsreicher macht. Wir lesen, dass diese Wälle früher als Begrenzung fürs Vieh genutzt wurden, aber auch einen gewissen Wind- und Erosionsschutz bieten.
Einen dicken Regenguss bekommen wir noch ab, den wir unter einer Eiche abwarten. Sie schützt uns ein wenig, aber auch nicht so gut, dass wir ewig hier stehen bleiben würden. Also mal wieder die volle Regenmontur an und los. Wir kommen durch einen wunderschönen Wald, der Weg gibt unseren Rädern allerdings die volle Breitseite Matsch, und komplett mit grauen Sprenkeln verschönert, kommen wir an unserem Appartement an. Der Golden Retriever liegt sehr malerisch vor dem alten Bauernhof und wir haben ein sehr schönes Domizil im ersten Stock. Antje schläft allerdings furchtbar hier und wacht am nächsten Morgen mit fiesen Kopfschmerzen auf.
Wir versuchen mal wieder eine Teststation für den Tag zu suchen, was uns aber leider nicht gelingt. Egal, wir radeln weiter und sehen auf dem Radweg irgendwann eine Jacke. Antje findet sie schick und würde sie auch mitnehmen, entscheidet sich dann aber, sie an die Hofeinfahrt zu hängen, wo wir gerade stehen. Nach ca. 4km Weiterfahrt holt uns ein Radfahrer ein, der seine Jacke verloren hat. Er spricht englisch und ist froh, dass wir ihm die Infos zu seinem verlorenen Kleidungsstück geben können, die er hoffentlich dann auch wieder findet... Hmm, hätten wir sie doch einfach auf dem Radweg liegen lassen sollen?
In Nordenham finden wir dann doch noch einen Testcontainer mit einer "hochmotivierten" Mitarbeiterin. Es ist schon erstaunlich, was hier für die Testungen an Geld in die Hand genommen bzw. heraus geschmissen wird. Und die Leute, die uns mit einem Stäbchen in der Nase herumfuhrwerken, sind definitiv medizinisch nicht ausgebildet worden. Wir denken darüber jetzt lieber nicht weiter nach... Hauptsache, es hilft irgendwie dabei, dass wir wieder etwas normaler leben können und die Inzidenz weiter sinkt.
In Nordenham müssen wir uns wegen eines Monsterregengusses nochmal unterstellen, schaffen es aber trotzdem just in time zur Weserfähre in Blexen.
Auf der anderen Seite müssen wir noch einmal das mäßig schöne Bremerhaven durchqueren, dann allerdings wirds toll, denn wir übernachten heute über der Reithalle des Gestüts am Mühlenberge. Wir dürfen uns alles ansehen, auch die vier Fohlen, die in den letzten Wochen hier geboren wurden. Der Besitzer ist sehr erfreut, uns alles ausführlich zu erklären, und scheint auch entsprechend Zeit für uns zu haben. Da es nur vier Pensionspferde gibt, ist es auf dem Hof bald ruhig, und nur ab und zu hören wir ein Schnauben oder Klappern, wenn ein Pferd gegen seine Boxentür tritt.
Antje findet die Atmosphäre und den Geruch hier toll und freue sich total, dass Mark das ausgesucht hat. Übrigens treffen wir hier wieder auf Magya Vizslars Hunde, die der Hofherr ebenfalls züchtet.
Am nächsten Morgen muss Antje nochmal zu den Fohlen, bevor wir starten, erneut ein bißchen Entzücken und Glückseligkeit tanken. Ach ja, Frauen und Pferde eben.
Heute bleibt es auf dem Weg bis Freiburg an der Elbe trocken. Wir kommen durch Bad Bederkesa und mit Sonne und Rückenwind radeln wir durch Felder und ein wunderschönes Waldgebiet, wo wir verharren, um das satte Grün zu genießen. Dann allerdings beginnt unser "Race against the storm", denn die Wettervorhersage kündigt für den Nachmittag Gewitter an, und hinter uns türmen sich dunkelgraue Wolken auf. Wir schmeißen den Turbo an und rasen bis nach Freiburg.
Wir schaffen es, ohne Gewitter am Ziel anzukommen, werden dann aber leider von der Unterkunft etwas ausgebremst. Denn die angebliche "Radlerunterkunft" für zwei entpuppt sich als kleines Zimmerchen, mit Toilette auf dem Flur und einem Zahnlabor auf demselben Flur nebendran. Die Räder können wir noch nicht einmal unterstellen oder anketten und machen sie provisorisch an einem dickeren Ast vom nächsten Gebüsch neben dem Haus fest. Das WLAN funktioniert leider nicht, aber immerhin gibt es eine ganz gute Kaffeemaschine und Getränke im Kühlschrank. Auch der Edeka um die Ecke ist praktisch, denn wir können uns was kochen und sind dann doch noch etwas versöhnt, als wir relativ ruhig schlafen können.
Morgen mal wieder Fähre fahren, und ab nach Schleswig Holstein, denn wir sind nicht weit von Glücksstadt und der Elbfähre. Ab in den hohen Norden!