Pacific Crest Trail:
18. Von Harts Pass zur kanadischen Grenze
Nach unseren Wanderungen im Olympic National Park verlassen wir die Halbinsel wieder und wollen einen weiteren Versuch auf dem PCT starten, denn wir hoffen, dass in der Zwischenzeit der Schnee auf dem Trail weit genug weggeschmolzen ist.
Wir fahren in mehreren Tagen Richtung Mazama, wo wir von Harts Pass aus die kanadische Grenze auf dem PCT erwandern wollen. Nach mehreren Übernachtungen in gesichtslosen Motels, wo es auch mal ab vier Uhr morgens wegen Alkohol und Drogen laut werden kann, erreichen wir das Hostel in Mazama, wo wir zwar nicht übernachten, aber für den nächsten Tag zwei Plätze für Hiker im Auto anbieten können. Die Besitzerin des Hostels führt uns ein wenig herum und berichtet von einem Bärenkontakt in ihrem Garten vor ein paar Tagen. Ein Wanderer hat wegen der Wärme unter freiem Himmel gezeltet und lag wohl leider auf dem "Bärenweg", denn sein Schlafsack wurde stark beschädigt, als der Bär über ihn drüber gelaufen ist. Zum Glück ist dem Wanderer nichts passiert, und er hat jetzt eine einmalig gute Story zu berichten.
Am nächsten Morgen gibt es ein Gewitter in Winthrop und sogar ein kurzer, aber heftiger Regenguss kommt runter. Wir haben etwas Sorge wegen möglicher Waldbrände, die hier häufig nach Blitzeinschlägen entstehen, aber wir wollen es trotzdem wagen.
An diesem Tag will kein anderer Wanderer mit nach Harts Pass, und nachdem wir noch ein bißchen die Hikerbox aufgefüllt haben, fahren wir die staubige Straße hoch zum Pass. Es dauert ca. eine Stunde, es gibt diverse, tiefe Schlaglöcher, kreuzende Hörnchen, sogar einen Radfahrer und tiefe Abgründe direkt neben der Straße. Eine sehr interessante Anfahrt für unseren Abschnitt auf dem PCT.
Am Pass angekommen, ist der erste Parkplatz voll und wir müssen ein Stück weiterfahren. Es wird wieder sehr dunkel über uns, hagelt sogar, was wir noch kurz im Auto aussitzen, bevor wir starten. Die Mücken und beißenden Fliegen stürzen sich sofort auf uns und da hilft nur losgehen. Wir treffen auf einige Thru-Hiker, die schon wieder auf dem Rückweg sind, und gratulieren ihnen zum Beenden ihres langen Weges. Wie auch wir, müssen die Wanderer bis zur kanadischen Grenze reinlaufen und dann wieder denselben Weg zurück nehmen, da es zur Zeit nicht möglich ist, nach Kanada reinzugehen oder von dort weiterzugehen. Die Thru-Hiker sind alle sehr deutlich erkennbar mit ihren ausgemergelten Körpern, den verschlissenden Klamotten und dem müden Blick. Wir gratulieren ihnen und halten mit dem einen oder anderen noch ein Schwätzchen. Es gehen aber auch diverse Sectionhiker diesen Weg und immer mal wieder bleiben wir stehen und hören deren Geschichten, warum sie dem PCT verfallen sind.
Die Landschaft, die Blicke sind fantastisch, aber geschenkt bekommen wir auch hier nichts. Es ist anstrengend, heiß und staubig. Unser Zeltplatz ist leider ohne Wasserstelle und so schleppt jeder die letzte Meile zusätzlich 2,5 Liter Wasser mit. Auf dem Zeltplatz sind wir erstmal allein, später kommt noch ein einzelner Typ, der allerdings nichts sagt und nur genüsslich am Ende des Tages seines Joint raucht.
Der nächste Tag beschert uns weitere Höhenmeter, bis zu dem Punkt, wo wir einen grandiosen Blick in einen See haben. Wow, ist der klar, einzelne Steine und Baumstämme sind von hier oben ganz deutlich erkennbar. It's all downhill from here. Wir lassen es rollen, müssen aber nochmal ausweichen, denn eine Frau mit ihren zwei Pferden und einem Hund nehmen viel Platz auf dem schmalen Wanderweg ein. Vor allen Dingen das zweite Pferd mit den breiten Packtaschen braucht Platz. Wir wissen, dass der gesamte PCT für Pferde zugelassen ist, und wir bewundern die Reiter und auch die Pferde, die Teile des Weges gehen. Es gibt manchmal nur einen sehr schmalen Pfad, der steil am Hang liegt. Auch, wenn die Steigungen nie über 15% liegen, braucht es sehr trittsichere Pferde oder Mulis und beherzte Reiter. Wir könnten das nicht.
Wir gehen bis zur letzten Campsite vor der Grenze, stellen dort unser Zelt auf, um am nächsten Tag dann zum Monument und gen Kanada zu gehen. Es wird hier am Abend noch voll, denn eine internationale Gruppe von Thru-Hikern kommt zu uns. Sie besteht aus einem Kanadier aus Montreal, einem Deutschen aus dem Allgäu und einem Australier aus Perth. Auch "Ten Pins" ist da, den wir immer mal wieder getroffen und überholt haben, ein älterer Herr aus Port Angeles. Als wir unser Zelt aufgebaut und uns etwas sortiert haben, wirds über uns sehr dunkel und auch Donner ist zu hören. Wir können den Schauer im Zelt aussitzen und später auch draußen wieder kochen und essen.
Wie es sich gehört, stehen die Thru Hiker am nächsten Morgen um 5 Uhr auf, mit Wecker, so dass auch alle anderen im Zelt nebenan wach werden. Sie lassen ihre Zelte stehen und gehen mit leichtem Gepäck die letzten 6 Meilen bis zur Grenze.
Wir nehmen allerdings alles mit, der Rucksack ist wegen der leichten Futterbeutel auch gar nicht mehr so schwer. Der Weg ist bis zur Grenze teilweise zugewachsen, das Monument ist allerdings gut zu erreichen und wir sind bald an dem Punkt angekommen, den wir schon so oft auf verschiedenen Wandervideos gesehen haben. Wir machen Fotos, schreiben uns ins Register und dann kommen auch schon die nächsten Wanderer. Trotzdem ist es ein ganz besonderer Moment für uns. Wer weiß, wann wir wohl das nächste Mal auf dem PCT wandern können?
Nun also alles wieder zurück nach Harts Pass. Wir hatten überlegt, eine Alternativroute zu wählen, die nicht auf dem PCT ist und angeblich deutlich weniger Höhenmeter gehabt hätte, aber die Informationen wegen der umgestürzten Bäume sind wiedersprüchlich, so dass wir uns dann doch für denselben Weg zurück entscheiden. Unsere Campsite ist diesmal am Woody Pass, leider wieder ohne Wasser und mit sehr staubigen und schrägen Plätzen fürs Zelt. Dann frischt auch noch der Wind auf und befördert immer mal wieder eine Ladung Sand ins Zelt oder in unsere Gesichter bis es knirscht. Die Temperaturen rutschen am Abend erheblich in den Keller und wir schlafen ausnahmsweise mal wieder in voller Montur.
Für den nächsten Tag nehmen wir uns erstmal nichts vor, überlegen aber schon, ob wir wirklich noch eine weitere Nacht auf dem Trail verbringen, entscheiden uns dann aber die 19 Meilen bis zum Auto durchzulaufen. Bei unserer Mittagspause prassen wir dann richtig und essen sogar 2 Tortillas auf einmal. Mann, sind unsere Bäuche voll.
Auf dem Trail treffen wir mehrmals einen Feuerwehrmann, der uns berichtet, dass es durch einen Blitzeinschlag tatsächlich ein Feuer gegeben hat, was sie aber schnell wieder im Griff hatten. Diese Firefighter werden in das unwegsame Gelände eingeflogen und vollbringen grandiose Arbeit. Dieser Typ war komplett verraucht und verrußt und sah mit seiner Axt und dem großen Funkgerät schon besonders aus. Wir haben wirklich Glück gehabt, dass die Fire Crew den Brand so schnell löschen konnte und wir nicht davon betroffen waren!
Um 17:15 Uhr kommen wir am Auto an, haben platte Füß, stinken wie die Pumas und sind begeistert über unsere Leistung und darüber, was wir gesehen und erlebt haben. Jetzt nur noch eine Stunde Buckelpiste, dann gehts nochmal nach Winthrop ins Hotel. Wir sind glücklich über diesen guten Abschluss auf dem PCT.
Es ist ungewiss, wann wir nochmal in die Staaten fliegen können, aber rückblickend sind wir froh, dass wir diesen letzten Abschnitt doch noch gehen konnten.
Wir ruhen uns aus und gönnen uns in Twisp noch zwei erholsame Nächte in einem Motel, bevor wir zurück nach Wenatchee fahren. Von hier gehts mit dem Shuttle zurück nach Seattle, von wo wir in 12 Stunden über Helsinki nach Hamburg fliegen.
Es war diesmal wieder eine besondere Tour in den USA, so ganz anders als erwartet, aber bewegend, beeindruckend und mal wieder mit unfassbar tollen Menschen, die uns auf unserem Weg begleitet haben.